KI & Robotics

Was macht ein „Head of Machine Learning“ bei einer Versicherung? 

Machine Learning ist ein wesentlicher Bestandteil von künstlicher Intelligenz (KI). Sebastian Kaiser beschäftigt sich als neuer Head of Machine Learning bei ERGO mit einer Vielzahl unstrukturierter Daten wie Texten, Bildern, Tonaufnahmen und Videos, um diese Daten zu ordnen, mit der Wissensbasis zu verknüpfen und so wertschöpfende Informationen zu extrahieren: „Wir entwickeln aus vielzähligen Daten Business Cases, um mehr Freiräume für die Mitarbeiter zu schaffen. So rücken die Kundeninteraktion und anspruchsvollen, kreativen Tätigkeiten in den Mittelpunkt, repetitive und einfache Tasks werden automatisierbar — und Kundenbindung sowie Geschäftswachstum werden unterstützt.“

Sebastian Kaiser, Head of Machine Learning bei ERGO

Aktuell arbeiten er und sein Team daran, das Eingangsmanagement bei ERGO mit KI zu unterstützen. Die Zielsetzung lautet, relevante Dokumente zu klassifizieren, automatisch auszulesen und die Daten dem richtigen Sachbearbeiter zur Verfügung zu stellen. Denn auch Folgeprozesse sollen vereinfacht werden, indem zum Beispiel Antragsparameter automatisch eingetragen oder umfangreiche Gutachten zusammengefasst werden. „Mit unserer Arbeit möchten wir ein ideales Zusammenspiel zwischen Mitarbeitern und KI erzielen, wodurch wir zunehmend über eine neue, durch den Menschen validierte Datenbasis verfügen, mit der wir später weiter automatisieren können“, berichtet der frisch ernannte Head of Machine Learning.

 

Kundenzufriedenheit mit Hilfe von Algorithmen steigern

Kaiser ist überzeugt, dass ERGO in fünf Jahren einen deutlich höheren Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad erreicht haben wird. Ein Case der Zukunft könnte zum Beispiel sein, dass ein schwerer Hagelsturm, über den ausgiebig in den Nachrichten berichtet wird, vom Algorithmus erkannt wird und der Vertriebspartner nicht reaktiv, sondern aktiv mit wichtigen Informationen und Dokumenten zur Schadenbearbeitung auf betroffene Kunden zugeht. Darüber hinaus wäre denkbar, dass im Kundenkalender bereits Termine zur Begutachtung (möglicherweise sogar digital) und zur Reperatur in der nächstgelegenen Werkstatt vorgeschlagen werden. „Es wäre natürlich toll, wenn uns umfangreichere Kundendaten zur Verfügung stünden. So könnten wir unsere Konzepte noch bedarfsgerechter entwickeln und dadurch die Kundenzufriedenheit weiter steigern“, beschreibt Kaiser seine Gedanken für künftige Szenarien. Dies müsse aber selbstverständlich immer unter den geltenden Datenschutzbestimmungen passieren.

Sebastian Kaiser wechselte im Juli 2021 von Munich Re zu ERGO. „Das KI-Team bei ERGO ist bestens aufgestellt, verfügt über eine klare Strategie und ein sehr gutes Konzept, wie KI und Machine Learning zukünftig im Versicherungsumfeld eingesetzt werden sollen. Für mich als Daten-Mensch bietet sich ein großes Aktionsfeld, das ganz nah am Kunden liegt. Darüber hinaus ist ERGO für mich im Bereich Digitalisierung in der Versicherungsbranche Deutschlands führend, weshalb ich mich sehr freue, die Zukunft mitgestalten zu dürfen“, so Kaiser.

Von der LMU nach Wollongong und zurück

Nach seinem Statistik-Studium an der Ludwig-Maximilian-Universität in München verbrachte Kaiser einen Forschungsaufenthalt an der Universität in Wollongong (Australien), da hier Zahlenaffinität und Statistiken eine viel größere Rolle spielten als in anderen Ländern, sagt er. Danach kehrte er an die LMU nach München zurück und promovierte zum Thema „Biclustering: Gruppierung von hochdimensionalen Daten (Big Data), Methoden, Software und Anwendungen“. Hierbei geht es darum, ähnliche Objekte mit ähnlichen Eigenschaften in großen Gruppen herauszufiltern. Angewendet werden solche Methoden oft bei Genexpressionsanalysen oder im Marketing – etwa um herauszufinden, welche Kunden mit welchen Eigenschaften oft zusammen bestimmte Versicherungsprodukte kaufen.

Bereits im Kindesalter war Kaiser ein Mathematik-Ass. Heute lebt der 40-Jährige mit seiner Familie in Augsburg und liebt Fußball – wegen des Erlebnisses – und Baseball – wegen der Zahlen. „Im Baseball lässt sich alles exakt analysieren, das gefällt mir an diesem Sport besonders gut.“

Text: Barbara Czech-Ettinger

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