Die Anwendungsgebiete von Text-zu-Bild-Generatoren wie Midjourney & Co. sind endlos. Die Qualität, mit der die neuen KI-Tools Bilder generieren, ist atemberaubend, findet //next-Kolumnist Markus Sekulla. Und fragt sich, ob die Sorge vieler Kreativschaffender vor den neuen Technologien gerechtfertigt ist.
Das Internet hat sich durchgesetzt und ist mehr als nur ein Hype. Das kann man jetzt, 23 Jahre im neuen Jahrtausend, mit angrenzender Sicherheit sagen. Trotzdem gibt es am Anfang immer Leute, die Technologien negativ gegenüberstehen. Die Neinsager beim Internet habe ich damals selbst noch nicht mitbekommen, doch die Wachablösung von Nokia durch die Smartphones von Apple konnte ich quasi mit Popcorn auf dem Sofa genießen. Auch da gab es Stimmen, es sei nur eine Spielerei und setze sich nicht durch. Mit ChatGPT erlebt jetzt auch KI ihren „iPhone-Moment“.
Für mich sehr spannend beim aktuellen Trend Künstliche Intelligenz: Hier sagt niemand, die Technologie werde sich nicht durchsetzen. Tatsächlich hoffen viele, dass sie sich nicht durchsetzt. Warum? Als Hobbypsychologe würde ich die Diagnose „Angst vor Kontrollverlust“ stellen. Generative KI wird extrem viele Jobs verändern. Vor allem Texter:innen fürchten um ihre Aufträge, mittlerweile sind auch Programmierer:innen und der Designer:innen (und viele andere) von dieser Angst betroffen. Denn neben ChatGPT sind noch unzählige weitere Tools auf dem Markt – zum Beispiel Midjourney.
Ich habe lange überlegt, welches Beispiel ich für das Generieren von Bildern nehmen soll … und dann lief mir eine vielbeachtete Werbekampagne erneut vor die Linse.
Marketing 2023 – ein verkürztes Beispiel: Viele verschiedene Gewerke kommen zusammen, um in abgeschotteter Location Heidi Klum und ihre Tochter Leni für eine Dessous-Marke zu fotografieren. Einiges an Postproduktion und Photoshop obendrauf, ab zum Druckunternehmen und einige Wochen später sehen wir die Kampagne in den Straßen.
Marketing 2024 – ein verkürztes Beispiel: Eine Person gibt bei einer generativen KI mit einem möglichst ausgeklügelten Prompt ein, dass die KI doch bitte ein Bild von Heidi und Leni mit der neuen Kollektion erstellen soll. Ein bisschen Postproduktion und Photoshop obendrauf, ab zum Druckunternehmen und ratzfatz sehen wir die Kampagne in den Straßen.
Die Anwendungsgebiete von Text-zu-Bild-Generatoren wie Midjourney & Co. sind endlos. Ich kann mir die New Yorker Skyline im Van-Gogh-Stil generieren lassen. Oder höchste kirchliche Würdenträger in Daunenjacken. Leider kann man es nicht mehr komplett kostenfrei nutzen, aber es gibt einige andere Produkte auf dem Markt, die ähnlich gut funktionieren. Leonardo, Stable Diffusion oder DALL-E 2. Bilder kann man schon lange generieren, aber die Qualität, mit der die neuen Tools das in kürzester Zeit tun, ist neu und atemberaubend.
Midjourney ist besonders in den Schlagzeilen, weil solche Potentiale natürlich auch von der dunklen Seite der Macht ausgenutzt werden können. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was für täuschend echte Bilder beispielsweise im nächsten Jahr im Wahlkampf der USA 2024 auftauchen werden. Das sehe ich auch als Gefahr. Wir haben uns seit Jahren jetzt damit anfreunden müssen, dass man nicht alles glauben kann, was man im Internet liest. Doch die Kompetenz, er erkennen, dass Bilder gänzlich aus dem Nichts kommen können, müssen wir erst noch ausbilden.
Ich hoffe, das gelingt uns schnell, denn mit klassischen Tools wie Begrenzung oder Wasserzeichen werden wir es nicht schaffen. Medienkompetenz ist gefragt! Diese wird, und das ist eigentlich schon kaum mehr möglich, immer wichtiger in den nächsten Jahren.
Text, Ton und Bild per KI haben wir schon. Bald kommen sicher bessere Videokreatoren auf den Massenmarkt. Auch hier brauchen wir: Medienkompetenz, Medienkompetenz und nochmal Medienkompetenz!
Wie es beim Thema generative KI weitergeht, bleibt spannend. Viele Kreativschaffende haben Angst um ihre Jobs. Dann wage ich mal eine Prognose: Die Top-Leute eines jeden Berufsbildes werden auch weiterhin gute Jobs finden – für die anderen wird es schwieriger. Der Trick besteht meines Erachtens darin, die neuen KI-Tools proaktiv für die eigene Arbeit zu nutzen zu lernen – sie also anzuwenden, um selbst noch bessere Ergebnisse zu liefern, statt sich von ihr ersetzen zu lassen.
Text: Markus Sekulla
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