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So können virtuelle Meetings und digitale Trainings gelingen 

Die Corona-Pandemie hat unseren Alltag durcheinandergewirbelt – und einige Bereiche unseres Lebens in Rekordzeit digitalisiert. Viele Meetings und Seminare werden mittlerweile komplett virtuell abgehalten. Verena School, Leiterin des Bereichs Weiterbildung bei ERGO, erklärt im Interview die Bedeutung der neuen Meetingkultur und was es bei digitalen Trainings zu beachten gilt. 

Smart Speaker

Frau School, zu Beginn die Frage: Wie viele virtuelle Meetings hatten Sie heute schon?

School: (überlegt kurz) Ich hatte heute bislang sechs Skype-Sessions, mit Video und Präsentation. Allerdings ist es auch ein sehr intensiver Tag. Vor der Corona-Krise wären zwei Drittel der Termine Präsenztermine gewesen, die ich aber sicher nicht an einem Tag geschafft hätte. Der Effekt ist also: Virtuell kann man mehr Termine hintereinander abarbeiten.

Seit Beginn der Corona-Krise sind viele Meetings und Seminare ins Digitale verlegt worden. Wie haben Sie diesen Prozess wahrgenommen?

School: Der Beginn dieser Zeit war schon sehr herausfordernd – für mich und mein Weiterbildungsteam sogar in doppelter Hinsicht. Denn zum einen mussten wir uns erst mal selbst digital organisieren, zum anderen mussten wir andere auch dabei unterstützen, virtuell zu arbeiten. Das war eine sehr intensive Zeit, in der wir anderen Teams sehr gut helfen konnten.

 

Mittlerweile sind viele von uns an Videocalls und -Meetings gewöhnt. Aber es ist ja schon eine andere Situation, als bei realen Treffen. Wo liegt die Herausforderung bei digitalen Meetings?

School: Eine große Herausforderung ist, dass man in digitalen Meetings schlechter merkt, wenn einem die Teilnehmer gedanklich abhandenkommen. Bei solchen Treffen gibt es ja häufig die Kultur, dass parallel gerne Mails beantwortet werden. In Präsenzmeetings fällt das auf, virtuell aber nicht so. Darum ist es total wichtig, bei digitalen Treffen Interaktionsmöglichkeiten zu bieten und auch zu nutzen. Also beispielsweise innerhalb eines längeren Vortrags Fragen an die Teilnehmer im Chat stellen. Da lässt sich auch viel mit Emojis arbeiten.

Der Leiter des Meetings sollte Teilnehmer, die nicht am Chat teilnehmen, auch explizit ansprechen. Kurze Impulse und häufig in den Austausch gehen ist virtuell enorm wichtig. Und wenn es die Möglichkeit gibt sollte immer die Kamera am Laptop oder PC angeschaltet werden. Dann können sich die Teilnehmer nicht mehr so leicht noch anderen Sachen widmen, weil es die anderen direkt sehen können.

Bei ERGO kümmern Sie sich um die Weiterbildung von Mitarbeitern – in diesem Jahr besonders auch virtuell. Wie sinnvoll sind digitale Trainings?

School: Wenn wir den Lernprozess über mehrere Wochen strecken, ist der Lerneffekt deutlich besser. Die Hemmschwelle, Seminare oder Trainings virtuell zu machen, war sowohl bei Teilnehmern als auch bei Trainern sehr groß. Man hatte die Sorge, dass der persönliche Kontakt verloren geht und zum Teil stimmt das auch. Doch gerade in der aktuellen Zeit haben digitale Trainings extrem viele Vorteile.

Welche Vorteile sind das konkret?

School: Ein großer Vorteil ist, dass Teilnehmer von überall sehr einfach teilnehmen können und nicht auf Präsenztermine am Standort warten müssen. Die Teilnehmer können ihren Lernbedarf so auch viel schneller decken. Außerdem wachsen Lernen und Arbeiten näher zusammen. Man geht nicht zu einem eintägigen Training, sondern integriert das Lernen in den Arbeitsalltag.

Welche Faktoren spielen dabei denn noch eine Rolle?

School: Vorstellungsrunden mit Impulsfragen sind sehr hilfreich. So können Teilnehmer auch mal erzählen, wo sie gerade sitzen und was in ihrer Umgebung ist. Das schafft einfach Nähe. Es hilft sehr, wenn Teilnehmer in digitalen Trainings nicht die gesamte Zeit auf die gleiche Bildschirmfläche schauen müssen. Ein Wechsel der Medien macht Sinn. Also beispielsweise sollen sich Teilnehmer nach einem Vortrag mit Präsentation telefonisch darüber austauschen. Diese Telefonate kann man dann mit einem Reflexions-Spaziergang verbinden. Dadurch bringt man die Teilnehmer auch noch in körperliche Aktivität. Schulungsunterlagen stellen wir auch in Papierform zur Verfügung, um nicht immer nur am Bildschirm lesen zu müssen. So können sich die Teilnehmer auch handschriftlich Notizen machen.

Wie wichtig ist die Zeit für einen persönlichen Austausch auf digitale Weise?

School: Sehr wichtig. Bei uns im Team verabreden sich Kolleginnen und Kollegen auch zum virtuellen Mittagessen oder Kaffee trinken. Das ist sehr wertvoll investierte Zeit. Denn der Bedarf an Austausch mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen ist ja nach der langen Corona-Zeit sehr hoch. Bei ERGO gibt es daher auch das Angebot „connectedcoffee“, bei dem man auch mit bis dahin unbekannten Kollegen im Unternehmen eine virtuelle Kaffeepause einlegen kann. In fünf Monaten haben sich über 500 Menschen so digital getroffen.

Wo sind Grenzen bei digitalen Meetings und Trainings? Was kann nur in persönlichem Austausch stattfinden?

School: Bei Meetings, die sich um zwischenmenschliche Konflikte drehen, muss man sicherlich sehr aufpassen. Auch Schulungen, bei denen Menschen Skills beigebracht werden, die sich auf Präsenzmeetings beziehen, digitalisieren wir nicht. Wenn der Inhalt sich mit Präsenz beschäftigt, macht es keinen Sinn diesen digital zu trainieren.

Glauben Sie, dass wir uns erst noch weiter an diese Form der Meetings gewöhnen müssen? Wird das irgendwann selbstverständlich sein?

School: Wir sind an digitale Meetings sicher schon weitestgehend gewöhnt. Zwischenzeitlich war es schon so, dass für jedes kleinste Thema ein Meeting virtuell einberufen wurde. Das hat sich aber wieder etwas reguliert. Mittlerweile funktioniert diese Kultur sehr diszipliniert. Bei ERGO sind die meisten Mitarbeiter in guter virtueller Meetingführung geschult – auch wenn manche technischen Problemchen immer mal wieder auftauchen. Die Lernkurve in diesem Bereich ist aber sehr gut. Es wird sich sicherlich etablieren, dass wir Menschen nicht mehr ständig von anderen Standorten durch die Gegend reisen lassen, sondern viele Meetings lieber digital durchführen. Das ist schlichtweg viel effizienter.

Interview: Benjamin Esche

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