New Mobility

Eine Stadt ohne Auto – ist das möglich?

Seit über 100 Jahren ist das Auto ein wichtiger Teil unseres Lebens. Doch Klimakrise, verstopfte Innenstädte und neue Formen der Mobilität nagen an seinem Thron. //next Kolumnist Don Dahlmann macht sich Gedanken über Alternativen zum eigenen Auto.

Führerschein = Freiheit und Unabhängigkeit?

Zwei Dinge bestimmten das Leben bisher, wenn man 18 Jahre alt wurde. Zum einen natürlich die freudige Erkenntnis, dass man nun volljährig ist und unabhängig von seinen Eltern Entscheidungen treffen kann. Aber vielleicht noch wichtiger war die Tatsache, dass man mit 18 endlich den Führerschein in der Tasche hatte. Der versprach vor allem zwei Dinge: Freiheit und Unabhängigkeit.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Zahl der Führerscheinneulinge fällt seit Jahren kontinuierlich. Laut des Kraftfahrzeugbundesamtes sank der Anteil der 18- bis 20-Jährigen zwischen 2010 und 2019 von 5,1 Millionen auf 4,4 Millionen Menschen. Und da sind die kleinen Führerscheine für einen Motorroller schon mit eingerechnet.

 

Das Auto ist vor allem für Menschen, die in einer Großstadt leben, nicht mehr das wichtigste Fortbewegungsmittel. Die jährlich steigende Zahl an Stunden, die man im Stau verbringt, die endlose Suche nach einem Parkplatz und die steigenden Kosten, die mit dem Autobesitz verbunden sind, lassen viele Menschen über Alternativen nachdenken. Und davon gibt es mittlerweile mehr als genug.

Vor allem in den Innenstädten ist das Carsharing ein interessantes Angebot. Man kann ein Auto nur für ein paar Minuten mieten oder für ein paar Tage. Man zahlt innerhalb des Geschäftsgebietes keine Parkplatzgebühren, muss sich nicht um die Pflege kümmern – und selbst das Auftanken übernehmen die Anbieter. Vor allem kann bei jeder Anmietung ein Fahrzeug wählen, dass man gerade benötigt. Denn mal braucht man einen Kleinwagen, den man gut parken kann, mal einen großen Kombi für den Wochenendeinkauf oder einen kleinen Lieferwagen, wenn man mal etwas Sperriges transportieren will. 

Viele Alternativen zum Auto in den Innenstädten

Für die schnelle Bewegung über kurze Strecken muss man aber gar nicht mal auf das Auto setzen. Im Sommer kann man auch einen E-Scooter nehmen, der einen ein paar Kilometer durch die Stadt bringt und wenig kostet. Oder man ruft per App ein Ridesharing-Angebot. In vielen Städten setzen verschiedene Anbieter kleine Vans zum Transport von Fahrgästen ein, die sich dann die Kosten für eine Strecke teilen. Und wenn es mal ganz schnell gehen soll, gibt es immer noch das Taxi.

Es scheint, als sei die Zeit vorbei, in der private Autos die unbeschränkten Herrscher der Innenstädte waren. Das zeigen auch die Initiativen verschiedener Städte in Europa. In Paris hat die Bürgermeister Anne Hildago beschlossen, dass man einen großen Teil der Parkplätze in der Innenstadt abbauen wird. Ebenso sollen Autos mit Verbrennungsmotoren nach und nach verbannt werden. Erstaunlicherweise stimmen die Bewohner der Stadt, in der das Auto lange zum Lebensstil gehörte, vollkommen zu und bestätigten die Bürgermeisterin in diesem Jahr in ihrem Amt.

Multimodale Ansätze sind die Zukunft

Es scheint so, als müssen vor allem Stadtbewohner die Art und Weise, wie sie von A nach B kommen, neu überdenken. Statt nur auf die lineare Nutzung eines Fortbewegungsmittels zu setzen, sind sogenannte multimodale Ansätze die Zukunft. Dabei werden die verschiedenen Mobilitätsangebote miteinander immer so passend miteinander kombiniert, wie man sie selber gerade benötigt.

Das hat natürlich, wie bei allem, Vor- und Nachteile. Das Auto bietet eine Form von Mobilität an, über die man nicht nachdenken muss. Auf der anderen Seite steht das eigene Auto statistisch gesehen über 23 Stunden pro Tag ungenutzt rum und kostet jeden Besitzer im Durchschnitt rund 300 Euro pro Monat. Multimodale Mobilität hingegen ist ein wenig umständlicher – dafür kann sie jederzeit auf seine Bedürfnisse anpassen.

Gehört das Auto damit der Vergangenheit an? Nein, mit Sicherheit nicht. Denn außerhalb der Städte gibt es zum eigenen Fahrzeug keine Alternative. Weder findet man auf dem Land einen vernünftigen öffentlichen Nahverkehr, noch gibt es die praktischen Angebote der Carsharer oder andere Alternativen. Das Auto wird auch in der Stadt nicht völlig verschwinden, dann dafür sind die Außenbezirke zu schlecht angeschlossen. Aber es wird Platz machen müssen für andere Mobilitätsformen.

Don Dahlmann, 10.12.2020

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