New Mobility

Wie neue Technologien unsere Mobilität verändern

Wie sieht die Zukunft der Mobilität aus? Werden wir alle in autonomen elektrischen Fahrzeugen sitzen und sicher durch die Gegend gefahren? Oder kommt es doch alles anders? Eine Einschätzung von „The Future of Mobility"-Kolumnist Don Dahlmann.

Neue Technologien haben es immer ein bisschen schwer, von der Gesellschaft anerkannt zu werden. Darunter fiel auch mal das Auto. Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich sagte, als ihm eines der ersten Autos vorgestellt wurde: „Ich glaube an das Pferd, das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Und mit dieser Einschätzung er war nicht alleine. In München war das Auto kurz nach der Jahrhundertwende sehr kurz davor, verboten zu werden. Es mache zu viel Krach – und die Abgase würden die Luft verpesten, so die Stadtverwaltung. Da war man offenbar sehr weitsichtig. 

 

Hat das Auto also ausgedient?

Tatsächlich gab es einen regelrechten Hass gegen Automobilisten. Was auch etwas mit den Klassenverhältnissen zu tun hatte. Es waren vor allem der reiche Adel und neureiche Geschäftsleute, die sich ein Auto leisten konnten und regelrecht Jagd auf Fußgänger und Pferdedroschken machten. Zehn Jahre lang wogte der Kampf zwischen Autoliebhabern und Autohassern. Wie er ausging, ist bekannt. 

Dieser Rückblickt zeigt aber, wie schwer es einer Gesellschaft fällt, Veränderungen anzunehmen. Vor allem, wenn sie Dinge betreffen, die seit Jahrzehnten ein beständiger Begleiter des Alltags waren. In genau solch einer Zeit des Umbruchs leben wir jetzt! 

Viele Jahrzehnte war das Auto der König der Straße. Städte unter dem Gesichtspunkt, „autogerecht“ werden zu müssen, umgebaut. Ganze Stadtviertel mussten zweispurigen Straßen weichen, Parkhäuser wurden errichtet, Bürgersteige zurückgebaut. Doch jetzt gibt es neue Formen der Mobilität – und das Auto steht vor allem in den Metropolen in der Kritik. Es sind zu viele Autos, die Staus verursachen und die Atemluft belasten. Hat das Auto also ausgedient?

Elektromobilität auf dem Vormarsch

Das Auto wird nicht verschwinden – doch die Art und Weise, wie wir es verwenden und was wir unter Mobilität verstehen, verändert sich schon heute. Das manifestiert sich nicht nur im Wandel zum Elektroauto, sondern auch wie Technologien unsere Mobilität neu gestalten. Und das gefällt natürlich nicht jedem. 

Als im Jahr 2019 die ersten E-Scooter in den Innenstädten erschienen, war der Ärger groß. Zu gefährlich seien die Dinger, sie würden den eh schon vollen Bürgersteig verstopfen – und überhaupt: Wie bitte sollen diese kleinen Dinger ein Auto ersetzen? Nach mehr als einem Jahr stellt sich raus, dass E-Scooter diesem Anspruch teilweise sehr wohl gerecht werden können. Denn erstaunlicherweise haben viele Menschen selbst für Kurzstrecken in der Innenstadt ein Auto genutzt. Jetzt sind vor allem viele Büroangestellte auf einen E-Scooter umgestiegen. 

Das letzte Frühjahr hat gezeigt was passiert, wenn die Autos die Stadt verlassen. Weil das Coronavirus den Verkehr zeitweise um bis zu 80 Prozent reduzierte, waren die Straßen leer und die Luft sauber. So sauber, dass man in Neu-Dehli zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder den Himalaya sehen konnten. Ein klareres Plädoyer für die Elektromobilität lässt sich kaum finden.

Die nächste Technologie-Revolution ist bereits in Sicht

Aber es wird nicht reichen, einfach alle Autos mit Benzin- und Dieselmotoren gegen E-Autos auszutauschen. Dann steht man weiter im Stau, nur dass dieser dann eben leiser ist. Die spannende Frage, die sich viele Experten gerade stellen lautet: Braucht in der Stadt überhaupt jeder ein eigenes Auto? Gibt es da nicht andere Lösungen?

Die Antwort lautet „Ja“: Carsharing, Ridesharing, E-Scooter, E-Motorroller und der Nahverkehr können zusammen ein Auto sehr gut ersetzen. Und die nächste Technologie-Revolution steht vor der Tür, denn das autonome Fahren wird die Mobilität in Städten komplett auf den Kopf stellen. 

Denn wenn man jederzeit für einen Bruchteil der Kosten mit seinem Smartphone ein Fahrzeug vor die eigene Haustür ordern kann, das einen sicher und schnell zu seinem Ziel bringt, wofür benötigt man dann noch ein eigenes Auto? Und es ist keine Zukunft, die vielleicht in 20 Jahren Realität wird. Google, Tesla und andere Hersteller haben schon jetzt vollautonome Fahrzeuge in verschiedenen Städten in der Erprobung und planen in den nächsten zwei Jahren, diese Fahrzeuge in den Regelbetrieb zu überführen. 

Die neuen Technologien verändern also schon jetzt unsere Sicht auf das Auto – und wie wir uns von A nach B bewegen. Die Zukunft der Mobilität wird vor allem in Städten für eine Revolution sorgen, wie wir sie seit der Einführung des Autos nicht mehr erlebt haben. 

Don Dahlmann, 23.09.2020

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