New Mobility

E-Bikes: Cool, nützlich oder lächerlich?

Warum sollte man sich als fitter Anfangvierziger elektrische Unterstützung durch ein E-Bike holen? Die Pros und Contras hat sich unser Kolumnist Markus Sekulla als „Betroffener“ noch einmal gründlich angeschaut. Denn nachdem er sich ein motorisiertes Fahrrad zugelegt hat, fing es an mit den (nett gemeinten) Sticheleien aus seinem Freundeskreis ...

Warum ein E-Bike?

Ich bin Großstädter und habe oft Kundentermine in der Stadt und im Umfeld. Dafür habe ich mir überlegt, mir ein E-Auto zuzulegen. Doch will ich wirklich nach jeder Fahrt aufgrund der extrem angespannten Parkplatzsituation meine Runden durch die Straßen drehen, wie es Herbert Grönemeyer so schön besungen hat? Eher nicht. Außerdem möchte ich aus Umweltgesichtspunkten eigentlich gar kein Auto. Was ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln? Auch gut, aber da fehlt mir persönlich die Freiheit, dann zu starten, wenn ich fertig bin. Meine Lösung: ein Business-E-Bike. Ok: Gemeint ist eigentlich ein Pedelec. Anders als richtige E-Bikes bieten Pedelecs nur dann Motorunterstützung, wenn man in die Pedale tritt. Erfolgt diese Pedalunterstützung nur bis 25 Kilometer pro Stunde, gelten diese Pedelecs noch als Fahrrad. Doch genug der Definition: Mit einem solchen Gefährt kann ich nun spielend mittellange Distanzen zurücklegen und fühle mich gut dabei, an der frischen Luft zu sein. Bei Regen werden die Öffis genommen, und es ist ein Auto weniger auf den Straßen. 

Sollten wir alle E-Bike Fahrerinnen und Fahrer werden? Jein. Für mich gibt es für herkömmliche Fahrräder im Alltag einen Sweetspot: Der liegt bei maximal 15 bis 20 Kilometern. Ab da hat man wirklich kaum mehr Lust, häufiger Strecken mit dem normalen Rad zu bestreiten. Um diese Distanzen zu bewältigen, wird dann meist das Auto bemüht - Sport-Freaks mal ausgenommen. Jedoch ist das Auto, wie wir alle wissen, schlechter für die Umwelt als der gute alte Drahtesel. Für Menschen, die nicht in Großstädten leben und für die Öffis nicht so regelmäßig zur Verfügung stehen, stellen E-Bikes eine super Alternative dar. Legt man also häufiger Strecken um die 15 Kilometer oder mehr zurück, ist das von mir eine Empfehlung „pro E-Bike“.


Doch warum reicht nicht auch ein normales Fahrrad? Diese Diskussion führe ich jetzt seit gut zwei Jahren … 

Cool und gesund?

Auf einer mühsamen Bergfahrt in den österreichischen Alpen ist mir aufgefallen, wie viele ältere Leute mit den E-Bikes die Berge hochschießen. Schön, dass diese Möglichkeiten jetzt entstanden sind. Aber irgendwie auch gewöhnungsbedürftig, ein Paar in den Siebzigern zackig und fröhlich an mir vorbeifahren zu sehen. Nett gegrüßt haben sie immerhin. Das kann man jetzt Betrug am eigenen Körper nennen oder nicht, aber wir alle sind frei in der Entscheidung, wie stark wir die sportliche Komponente haben möchten. Viel frische Luft haben die beiden auf jeden Fall bekommen.

Aber Fahrradfahren ist gesund. Warum sollte man sich das gute Training also durch einen E-Motor ersetzen? Die Verbreitung von E-Bikes hat ja vor allem bei älteren Menschen angefangen, die die sonntägliche Spazierfahrt etwas entspannter angehen lassen wollten. Doch auch immer mehr jüngere Leute fahren mittlerweile E-Bikes. Was unter anderem am zunehmend schnittigen Design der neuen Modell-Generationen liegen dürfte.

Was oft vergessen wird: E-Bike ist nicht gleich E-Bike. Es gibt Modelle, die eigentlich ein ganz normales Rad sind, bei denen man nur den Akku einklicken muss. Und es gibt die „Schlachtschiffe“, die um die 25 Kilo wiegen. Außerdem muss man ja nicht immer mit voller Unterstützung fahren. Für mich persönlich ist der Motor vor allem wichtig, wenn ich längere Strecken fahre. So fahre ich zum Warmwerden ohne Unterstützung und auf dem Rückweg mit voller Power, um so die eh schon geschundenen Muskeln zu schonen. 

Für's Klima: E-Mobilität boomt

Mehr und mehr Menschen wollen unsere Erde schonen. Sie achten nicht nur auf ihre Ernährung oder minimieren den Einsatz von Plastik: Sie wollen sich auch klimaneutraler fortbewegen. Sei es, öfter mit der Bahn und Bus zu fahren, den Verbrenner gegen E-Autos auszutauschen oder auf ein E-Bike zurückzugreifen. Im besten Fall ergänzen sich alle Varianten miteinander und verringern so signifikant die CO2-Emission und den ökologischen Fußabdruck. 

Doch wie viel verbraucht ein E-Bike eigentlich pro 100 Kilometer? Natürlich variieren die Zahlen, die man im Internet findet. Im ZDF Artikel „Wie sich E-Bikes auf die Umwelt auswirken“ ist von einem Stromverbrauch eines E-Bikes von 0,6 bis 0,8 Kilowattstunden je 100 Kilometer die Rede. Dazu kommt natürlich die Produktion eines E-Bikes. Und die Rohstoffe, die für einen Akku notwendig sind, fallen auch ins Gewicht. Die Emissionen, die durch das Herstellen eines E-Bikes anfallen, seien laut ZDF bereits nach 165 gefahrenen Kilometern (in denen man nicht das normale Auto nimmt) wieder rausgeradelt. Von den Produktionsemissionen für ein Auto ist hier noch keine Rede. Und im Gegensatz zum E-Auto kann man den E-Bike-Akku zu Hause an der Steckdose aufladen.  

Fest steht: E-Bikes sind gut für die Umwelt.

Die Kostenfrage

Wenn man schon nach Pros und Kontras sucht, dann findet man auf der Kontraseite die Kosten. Ein E-Bike ist keine günstige Angelegenheit. Gute Modelle findet man ab 2.000 Euro aufwärts. Hinzu kommen aufwändige und teure Reparaturen. Auch der Akku wird irgendwann den Geist aufgeben. Beachtet der Radfahrer aber all das und scheut keine Kosten, minimiert das E-Bike Risiken und erhöht seinen Schutz. Dadurch wird das E-Bike aber zum Luxusprodukt für viele Menschen, das einfach nicht bezahlbar ist. Selbst gebrauchte Bikes sind für viele nicht finanzierbar. E-Bike-Sharing könnte ein Trend für die Zukunft sein, denen sich Unternehmen wie Swapfiets auch schon angenommen haben. 

Tl;dr

Am Anfang fand ich E-Bikes doof. Mittlerweile glaube ich, dass uns durch die Motorisierung der Fahrräder eine ganze Reihe faszinierender Möglichkeiten entstehen! Nahezu alle Bereiche, die ich mir angeschaut habe, sind durch E-Bikes besser geworden. „Vom Kritiker zum Fan“ also. Das einzige, was nicht cool ist: Nörglerinnen, und Nörgler, die in Frage stellen, ob man wirklich ein solches Fahrrad braucht. Und es vielleicht sogar lächerlich nennen, dass man als junger Mensch E-Bike fährt. Denn das steht für mich nach Betrachtung aller Vorteile fest: Lächerlich sind E-Bikes auf keinen Fall!

Text: Markus Sekulla

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