New Mobility

Elektromobilität: Start-ups legen vor – Konzerne ziehen nach

Elektroautos (E-Autos) haben durch die Erfolgsgeschichte von Tesla global für Aufmerksamkeit gesorgt und sind mittlerweile auch häufiger auf deutschen Straßen sichtbar. Ihre Neuzulassungen haben sich 2020 mit rund 194.000 rein batterieelektrischen PKWs verdreifacht. Zusammen mit anderen alternativen Antrieben (wie Plug-in-Hybriden) sind es sogar rund 395.000 Elektroautos. Der Anteil der reinen E-Autos am Gesamt-Fahrzeugbestand ist mit rund 1,2 Prozent aber noch immer sehr niedrig. Diese Zahl dürfte aber künftig deutlich ansteigen, erwartet Stefan Hasselbeck (ERGO Corporate Venturing).

Die Treiber hierfür sind vielfältig: Erster Treiber ist der anhaltende technologische Fortschritt. E-Autos erreichen eine immer größere Reichweite und werden damit zu einer echten Alternative zum Verbrennungsmotor. Das Model Tesla S schafft bis zu 600 Kilometern mit einer Stromladung, und der VW ID.3 schafft eine Distanz von rund 550 Kilometern.

Ein weiterer Treiber sind die sinkende Fahrzeugpreise, was im Wesentlichen auf sinkende Batteriepreise zurückzuführen ist. Positiv sollten sich auch die diversen staatlichen Förderungen auswirken. Besonders beflügeln dürfte die Bezuschussung von Bund und Hersteller für reine E-Autos mit bis zu 9.000 Euro und bei Plug-in-Hybriden bis zu 6.750 Euro. Einige europäische Länder wie die Niederlande, Irland, Island, Schweden und Dänemark haben bereits angekündigt, sich von 2030 an vom Verbrennungmotor zu verabschieden - und haben diverse Initiativen zur Förderung der E-Mobilität gestartet. 

Nachdem die meisten europäischen US-Automobilhersteller den Elektro-Trend zunächst verpasst haben, rüsten diese nun deutlich auf und haben für die kommenden Jahre eine Modelloffensive an E-Autos angekündigt. General Motors (GM) ist noch einen Schritt weitergegangen: Ende Januar 2021 hat der Autohersteller verkündet, sich bis zum Jahr 2035 vollständig vom Verbrennungsmotor zu verabschieden. Für GM ist das ein besonders harter Strategiewechsel: Der US-Konzern ist für seine benzinschluckenden Pick-ups und SUVs bekannt. Für die Umstellung sollen bis 2025 bis zu 27 Milliarden US-Dollar in die R&D und Produktion von E-Autos gesteckt werden.

Können die jungen Wilden ihren Vorsprung verteidigen?

Häufig taucht die Frage auf, ob die Autohersteller den technologischen Vorsprung zu Tesla aufholen können bzw. dafür genügend Innovationskraft besitzen. Tesla setzt seit Jahren die Benchmark hinsichtlich Reichweite und Nutzerfreundlichkeit. Tesla ist aber nicht die einzige Konkurrenz im E-Auto-Markt. Es gibt eine lange Liste an innovativen Start-ups. Allein im Jahr 2020 haben Start-ups einen Betrag von sieben Milliarden Dollar an Risikokapital eingesammelt. 

Zu nennen sind hier etwa chinesische Hersteller wie Xpeng und Nio oder US-amerikanische Anbieter wie Lucid und Rivian Motors (siehe Kasten). Lucid ist ein gutes Beispiel für die Innovationskraft von Start-ups: Das Unternehmen hatte sich ursprünglich auf die Batterieentwicklung konzentriert, bevor es mit der Entwicklung von E-Autos begann. Das erste Modell, eine Luxuslimousine namens Lucid Air, wird voraussichtlich ab Sommer 2021 in den USA erhältlich sein, mit einer Reichweite von bis zu 830 Kilometern. Eine weitere Besonderheit ist die eigens entwickelte Antriebsarchitektur, die nicht nur für eine Beschleunigung von 0 auf 100 Stundenkilometer in 2,5 Sekunden sorgt, sondern durch die hohe Spannung (mit 924 Volt das bislang höchste Niveau im Serienbau) die Aufladegeschwindigkeit der Batterie deutlich verringert. Weitere Modelle sollen in den nächsten Monaten folgen, vor allem preiswertere Varianten. Ende 2021 plant Lucid den Markteintritt in Europa. 

Fazit: Neue Technologien wirbeln den Mobilitätsmarkt durcheinander. Bisher sind es die Start-ups, die die Innovationen treiben und damit die Marktmacht verändern. Mit Spannung bleibt abzuwarten, wie sich die klassischen Autohersteller im E-Auto Markt positionieren können. Auch die Gerüchte um Apple und dem iCar (natürlich ein E-Auto) dürften den Markt in Atem halten.

Elektromobilität: Junge Anbieter mit Potenzial

Lucid Motors (USA): Ein Start-up mit Sitz in Newark (Kalifornien) – 2007 gegründet unter dem Namen Atieva. In 2016 wurde bekannt gegeben, E-Autos zu entwickeln. Erstes Modell: Oberklasse PKW, Marktstart in den USA ist die erste Jahreshälfte 2021.   

Rivian Motors (USA): Ein Start-up für E-Autos mit Sitz in Plymouth (Michigan) – 2009 gegründet. In 2017 wurde bekannt gegeben, dass ein voll elektrisches SUV und ein Pick-up gebaut werden. Der Marktstart für den Pick-up in den USA ist für Sommer 2021 geplant.

NIO (China): Ein E-Auto-Start-up mit Sitz in Shanghai – 2014 gegründet. NIO ist in verschiedenen Ländern mit Forschungsstandorten vertreten (u.a. in München mit  Design- und Markenentwicklung). Nio hat vier Modelle in China, der Markteintritt in Europa ist für Q3 2021 geplant.

Xpeng (China): Ein chinesisches Start-up für E-Autos mit Hauptsitz in Guangzhou und Niederlassung in Mountain View (Kalifornien). Xpeng hat zwei Modelle auf dem chinesischen Markt und ist seit Ende 2020 in Europa (Norwegen) aktiv.

Text: Stefan Hasselbeck, ERGO Corporate Venturing

Mehr zum Thema gibt es z.B. bei Spiegel online: Deutschland überholt USA bei Neuzulassungen von E-Autos

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