New Mobility

Trends auf der Mobilitätsmesse IAA

Die IAA wollte in diesem Jahr einen Neuanfang machen. Weg von der reinen Auto-Show, hin zu einer modernen Mobilitätsmesse. Dazu wurde mit München nicht nur ein neuer Standort gefunden, mit dem Open Space Konzept wurde zudem ein Teil der Messe in die Münchener Innenstadt verlagert. Die Idee fand ich super, bei der Umsetzung muss ich jedoch festhalten, dass hier noch etwas Luft nach oben ist. Abgesehen davon, dass einige Branchengrößen fehlten, hätte ich mir vor allem eine noch lebendigere und futuristischere Messe gewünscht.

Nichtsdestotrotz: Im Folgenden möchte ich gerne ein paar Eindrücke zusammenfassen, die ich dieses Jahr von der IAA Mobility mitnehme.

Nachhaltigkeit

Für mich war die Elektromobilität das dominierende Thema der diesjährigen IAA. Elektrofahrzeuge wohin das Auge blickt. Auch dass der Vorstandsvorsitzende des Volkswagen Konzerns, Herbert Diess, eine halbe Stunde über Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit spricht, ohne dabei die eigenen Produkte in den Vordergrund zu stellen, finde ich beeindruckend. Etwas schmunzeln musste ich noch darüber, dass sich ein paar hochgetunte Verbrenner eine Halle mit den Oldtimern teilen mussten. Auch wenn es viele positive Eindrücke gab, darf man die andere Seite nicht außer Acht lassen. Klar erkennbar ist, dass die Fahrzeuge im Schnitt immer größer werden. SUVs scheinen das neue Einstiegssegment zu sein. Dass es auch möglich ist, attraktive Kleinstfahrzeuge für urbane Anwendungen zu bauen, in denen das Konzept „Elektroantrieb“ auch seinen maximalen Wert entfalten kann, zeigen leider nur einige Nischenanbieter.

Cockpit-Experience

Knöpfe, Hebel und Schieberegler haben ausgedient. Das neue Cockpit ist maximal digital. Head-up Displays, riesige Touchpads und digitale Anzeigen zieren das moderne Armaturenbrett – die logische Konsequenz einer immer digitaler werdenden Welt. Hier sind es vor allem zwei Vorteile, die ich sehe. Nummer eins ist der Erlebnisfaktor. Wenn ich an mich selbst denke, da weckt ein leuchtendes HD-Display einfach andere Emotionen als ein simpler Kunststoffknopf. Auf diese Weise kann dann sogar eine Klimaanlage oder das Verstellen der Außenspiegels Spaß machen. Nummer zwei ist, dass solch ein Display im Grunde ja nichts anderes ist als eine dauerhafte Schnittstelle zum Nutzer. Dies ist zum Bespiel für das traditionell extrem wichtige Aftersales Geschäft der OEM (Original Equipment Manufacturer = Zulieferer und Teileproduzenten) von immenser Bedeutung. Vor allem eröffnet diese Möglichkeiten für ein neues, modernes und digitales Aftersales Geschäft. Der OEM kann hier zum Beispiel neue Assistenzsysteme, Navigationsdienste oder andere Services verkaufen. Auch für uns als Versicherung wird diese Schnittstelle immer wichtiger. Stellen Sie sich vor, Sie verleihen Ihr Fahrzeug spontan für ein Wochenende an ein Familienmitglied und Sie könnten die entsprechende Versicherung direkt im Auto abschließen. Wäre das nicht genial? 

E-Bikes

Auch Fahrräder, elektrifiziert oder traditioneller Natur, sind ein wichtiger Bestandteil von Mobilität. Um dies zu unterstreichen, gab es dieses Jahr gleich zwei ganze Hallen, die sich ausschließlich dem Thema „Fahrrad“ widmeten. Um die Bedeutung von E-Bikes einzuordnen: Letztes Jahr wurden circa drei Millionen Fahrzeuge zugelassen, bei den E-Bikes waren es knapp zwei Millionen. Der große Vorteil, den E-Bikes aus meiner Sicht mit sich bringen, ist, dass sie die Hemmschwelle senken, das Auto auch mal stehen zu lassen. So kostet es deutlich weniger Überwindung, beispielsweise den 20 Kilometer langen Arbeitsweg mit fieser Steigung auf dem E-Bike zurückzulegen als mit einem traditionellen Fahrrad. Gerade auch wegen der explodierenden Zulassungszahlen, sind E-Bikes aus Versicherungssicht hochinteressant. Neben den klassischen Kaskoprodukten ist hier zum Beispiel auch eine Koppelung mit dem Segment „Health“ denkbar, denn radeln hält ja schließlich gesund.  

Gerne hätte ich auch noch etwas zum autonomen Fahren geschrieben. Hier hatte ich große Erwartungen und natürlich gab es diverse OEM, Zulieferer und Start-ups, die ihre Entwicklungen zu diesem Thema präsentiert haben. Dennoch war all dies an keiner Stelle für mich greifbar. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass da irgendwer die eine Lösung hat, die bald den Verkehr und die Mobilität für immer revolutionieren wird. Aber auch hier – to be fair – die Großen auf diesem Gebiet, Google beziehungsweise Waymo, Argo oder Cruise waren nicht vor Ort.

Text: Sebastian Meerschiff, Automotive Analyst bei ERGO Mobility Solutions

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