New Mobility

Wie Metropolen den Verkehr neu organisieren

Staus, Emissionen und Parkplatznot: Die Verkehrssituation in vielen Metropolen ist schlecht. In Zukunft dürften drastische Maßnahmen die Lage entspannen, erwartet //next Kolumnist Don Dahlmann.

Das Auto gehört zu den wichtigsten technischen Entwicklungen der vergangenen 120 Jahre. Es gibt den Menschen Freiheit und sorgt dafür, dass sie bequem zur Arbeit kommen – egal, wie weit diese entfernt ist. Das Problem ist nur, dass es zu viele davon gibt. Das gilt vor allem für die Metropolen dieser Welt, wie so viele Pendler täglich feststellen müssen. Allein in Deutschland steht man laut Verkehrsspezialist INRIX rund 67 Stunden pro Jahr im Stau. In Düsseldorf sind 50 Stunden und in München sogar 87 Stunden.

Zwar hat die Autoindustrie 2020 weniger Fahrzeuge verkauft – doch insgesamt steigt die Zahl der Zulassungen seit Jahren immer weiter an. Eine Lösung gegen das Stau-Problem wäre, noch mehr Platz für Autos zu schaffen, indem man die Straßen verbreitert, Fahrspuren hinzufügt und den Raum für Fußgänger und Fahrradfahrer verkleinert. Mal abgesehen davon, dass diese Maßnahmen nicht wünschenswert erscheinen, sind sie in vielen Städten einfach baulich nicht möglich. Man müsste Gebäude abreißen, um mehr Platz für Autos und deren Parkplätze zu schaffen. 

 

Mehr Platz für Radfahrer schaffen

Die Städte platzen aus allen Nähten, und viele Städte haben damit begonnen von der Ideologie einer rund um das Auto errichteten Stadt abzurücken. Nicht mehr die Bewegungsfreiheit des einzelnen Fahrzeugs soll im Vordergrund stehen, sondern die Lebensqualität aller Stadtbewohner. Doch wie schafft man den Wandel, ohne die Innenstädte zu entvölkern und den Einzelhandel zu schädigen?

In Berlin hat man sich zu radikalen Maßnahmen entschieden: Die Verwaltungen haben vor allem Fahrradfahrern mehr Platz verschafft, indem sie Autofahrspuren zu Radwegen umgewandelt haben. Dazu kommen die Einrichtung von mehr Fahrradstraßen, die nur Anwohner mit dem eigenen Auto befahren dürfen, sowie die Erhöhung der Parkgebühren. In Brüssel ist man ähnliche Wege gegangen. Zudem hat man seit Anfang 2021 das Tempolimit auf 30 Stundenkilometer abgesenkt. 

Maut für die Innenstadt einführen

In London hat man schon lange auf den zunehmenden Verkehr reagiert. In die Innenstadt kommt nur, wer Maut bezahlt, und bestimmte Fahrspuren sind nur noch Fahrzeugen mit Elektroantrieb zugänglich. Zusätzlich hat man auch hier mehr Platz für die Fahrradfahrer geschaffen.

Doch am schärfsten geht man in Paris gegen die Autos vor. Die Zahl der Parkplätze in der Stadt soll in den kommenden Jahren massiv reduziert werden. 70.000 öffentliche Stellflächen sollen in den nächsten Jahren verschwinden, um mehr Platz für Grünflächen und die Außengastronomie für Restaurants zu schaffen. Dazu kommt „Tempo 30“ flächendeckend in der gesamten Stadt sowie ein Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor in Paris zum Ende des Jahrzehnts.

Die Pariser Verwaltung plant so die „15 Minuten Stadt“. Darunter verstehen die Franzosen, dass alle wichtigen Dinge des Alltags sich in einem Radius von einer Viertelstunde zu Fuß oder mit Fahrrad erledigen lassen. Zur Arbeit kommt man mit dem öffentlichen Nahverkehr. Das Auto, so die Vorstellung, soll nur noch dann genutzt werden, wenn man Paris verlässt. 

Alternativen zum Auto anbieten

Es bewegt sich also viel, aber nicht jede Stadt wird so konsequent vorgehen können. Es wird nicht reichen, das Auto mit Verboten in seine Schranken zu verweisen – denn damit schränkt man auch die Bewegungsfreiheit der Bürger ein. Man muss also Alternativen anbieten, wie die Menschen von A nach B kommen, ohne dass zum Beispiel der tägliche Weg zur Arbeit plötzlich doppelt so lange dauert.

Dafür benötigt man vor allem ein sehr gutes Angebot des öffentlichen Nahverkehrs, der bis in den letzten Winkel einer Stadt reichen muss. Berlin, Paris oder London mögen über ein gutes Bus- und Bahnnetz verfügen, aber diesen Luxus leistet sich nicht jede Stadt. Das betrifft vor allem die Städte wie zum Beispiel Köln oder Frankfurt, deren Netz vor allem außerhalb der Innenstädte schnell ausdünnt.

Aber auch in diesen Städten wird der Paradigmenwechsel früher oder später einsetzen. Denn allein mit einem Wechsel zu den Elektroautos wird man den Kampf gegen den Klimawandel und den verstopften Innenstädten nicht gewinnen können. Wechselt man einfach nur die Autos mit Verbrenner gegen E-Autos aus, steht man in Zukunft wieder im Stau, nur dass dieser dann eben etwas leiser ist. 

Text: Don Dahlmann 

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