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Feuerwehr der Zukunft: Mithilfe digitaler Technik Leben retten

In der Flutkatastrophe von 2021 haben sich gravierende Schwachstellen beim Bevölkerungsschutz gezeigt. Mangelhafte IT, fehlende Sirenen, der Austausch zwischen Behörden und Politik hat ebenfalls nicht funktioniert. Flutwarnungen von Experten liefen ins Nichts. Inwiefern kann die Digitalisierung innerhalb der Feuerwehr beim Katastrophenschutz helfen?

Über die Warn-App Nina wurden in der Flutkatastrophe zwar Unwettermeldungen verschickt, aber lediglich zehn Millionen Deutsche haben die App installiert. Userinnen und User der App wurden zum Teil nicht gewarnt, da an vielen Orten das Mobilfunknetz zusammenbrach. Eine Möglichkeit die Bevölkerung zu erreichen, wären Sirenen gewesen. Das Sirenennetz ist seit dem Ende des Kalten Krieges jedoch ausgedünnt worden.

Aber nicht nur das verheerende Hochwasser, auch weltweite Krisen wie die Pandemie haben offenbart, wie unzureichend digitale Warnsysteme in Deutschland sind. Auch hatte der bundesweite Warntag im Jahr 2020 nicht funktioniert. Es ist offensichtlich, dass in punkto Digitalisierung in Deutschland auch im Bereich des Katastrophenschutzes einiges zu tun ist. Das geplante Förderprojekt Gaia X Rescue hätte als eines der Gaia X-Hubs eine Förderung erhalten sollen – insgesamt waren für elf Projekte 117,4 Millionen Euro vorgesehen. Dies wurde nun allerdings gestoppt, da im Bundeshaushalt 2022 dafür keine Mittel mehr vorgesehen wären.

Die Feuerwehr wird digital

Eine Digitalisierung der Feuerwehr als Teil des Katastrophenschutzes ist unerlässlich. Und die Möglichkeiten zum Einsatz digitaler Technologie bei Feuerwehren ist facettenreicher als viele denken. Das geht von der digitalen Einsatzplanung und einer guten Vernetzung unter den Einsatzkräften über den Einsatz von Aufklärungsdrohnen und Robotern bis hin zu sensorischer Schutzbekleidung. Digitale Einsatzpläne gehören vielerorts bereits zum neuen Standard. Damit wird gewährleistet, dass ein oder mehrere Löschtrupps innerhalb weniger Minuten am Einsatzort sind.

Digitale Vernetzung unter den Einsatzkräften

Bei zahlreichen Einsätzen kommt nicht nur ein Löschtrupp zum Einsatz, sondern mehrere. Das bedeutet, dass mehr Einsatzkräfte miteinander koordiniert werden müssen, um ein schnelles, sicheres und effizientes Vorgehen zu ermöglichen.

Digitale Lösungen für die Feuerwehr und Rettungsdienste sind bereits verfügbar. So steigen Technologieunternehmen wie zum Beispiel der deutsche Automobilzulieferer ZF mit seinem Angebot ZF Rescue Connect ein. Das ZF Rescue Connect Dashboard ist ein webbasiertes User-Interface, in dessen Apps unterschiedliche Informationen abgerufen und eingesehen werden. Dazu zählt beispielsweise die Live-Übersicht der Fahrzeuge und der Einsatzkräfte. Außerdem kann der Kraftstoff-Verbrauch, der Zustand der Fahrzeuge und einiges mehr im Blick gehalten werden.

Mit diesem System können auch alle Einsatz- und Rettungskräfte in Europa digital miteinander vernetzt werden. Dazu gehören die Daten von Einsatzkräften der Feuerwehr, des Rettungsdienstes und weiteren Organisationen im Sicherheits- und Rettungsbereich.

Eine weitere digitale Lösung ist EMEREC von dem Feuerwehrausstatter Rosenbauer: ein Informationssystem für die Feuerwehr am Einsatzort. Über dieses Software-Tool können alle relevanten Informationen wie Brandschutzpläne, Gefahrstoffdaten oder Kfz-Rettungskarten von allen Einsatzkräften jederzeit und überall abgerufen und genutzt werden. Das funktioniert über extra entwickelte Tablets, aber auch per App auf jedem Smartphone oder Smart Device.

Digitale Einsatzpläne

Seien es geplante Großereignisse oder akute Notfälle: Die Einsätze der Feuerwehr müssen unbedingt optimal und schnell koordiniert werden. Das bedeutet, dass die Abläufe der Feuerwehr-Einsatztruppe sowie individuelle Einsatztaktiken je nach Ereignis unmittelbar digital zur Verfügung stehen müssen.

Eine digitale Einsatzplanung umfasst aber noch mehr: Informationen, Dokumente und Aufgaben mit entsprechenden Links und einer sinnvollen Priorisierung müssen an einer Stelle übersichtlich zur Verfügung stehen. So muss es möglich sein, die anstehenden Aufgaben oder kurzfristigen Einsätze schnell und übersichtlich zu erfassen, abzuarbeiten und zu protokollieren. Letztendlich sollen alle Informationen innerhalb eines Stabsführungssystems, das an das jeweilige Einsatzleitsystem angebunden ist, so bereitgestellt werden, dass sie direkt angewendet werden können.  Für die Verantwortlichen in den unterschiedlichen Einsatzleitungen bedeutet das eine große Zeit- und Aufwandsersparnis.

Einsatz von Drohnen und Robotern

Für Einsatzleiter ist es unerlässlich, dass sie sich innerhalb kürzester Zeit einen umfassenden Überblick über die Lage am Einsatzort verschaffen können. Das ist bei Katastrophen in einem großen Gebiet – zum Beispiel bei einem Wald- oder Flächenbrand – meist sehr schwierig. Für solche Fälle werden bereits seit einigen Jahren immer häufiger Drohnen eingesetzt. Sie können Bilder in Echtzeit erfassen, weitergeben und dadurch wertvolle Daten liefern. Diese werden dann mithilfe von digitalen Lösungen umgehend analysiert. Auch in brennenden Gebäuden kommen mit Wärmebildkameras ausgestattete Drohnen zum Einsatz. Sie können helfen, Menschen, die sich noch darin befinden, zu erkennen und zu lokalisieren. Auch Brandherde können mithilfe von Drohnen ausgemacht oder Messungen von eventuellen Gefahrstoffen durchgeführt werden.

Drohnen sind außerdem hilfreich, wenn bei größeren Katastrophen die Mobilfunknetze ausfallen. Mit ihnen lassen sich Informationen vom Einsatzort zur Leitstelle überbringen.

Nicht nur Drohnen werden an Orten eingesetzt, an die menschliche Einsatzkräfte nicht kommen. Auch Roboter werden künftig besonders gefährliche Aufgaben von Feuerwehrleuten übernehmen. Das ist bei Waldbränden, auf vermintem Gelände oder bei Chemieunfällen der Fall. Der „RobLW“ (Robotik-Leitwagen) etwa ist ein etwa kniehoher Kleinlaster, der sowohl als mobiler Leitstand als auch als rollendes Labor dient. Wie die Feuerwehr der Zukunft in Zusammenarbeit mit Robotern genau aussehen kann, erforschen Wissenschaftler am Deutschen Rettungsrobotik Zentrum (DRZ).

Auch das Unternehmen Milrem Robotics, ein estnischer Hersteller von Roboterfahrzeugen, entwickelt gemeinsam mit dem niederländischen Schaumlöschtechnologie-Unternehmen InnoVfoam Feuerwehr-Roboter. Genauer gesagt handelt es sich um ein Fahrzeug, das von Feuerwehrleuten über eine App bedient werden kann. Es verfügt über Thermal- und Infrarotkameras und kann mithilfe von Gasdetektoren chemische Gefahren bereits frühzeitig erkennen. Aus dem Fahrzeug heraus können Drohnen abgesetzt werden, die für einen guten Überblick von oben sorgen. Diesem Feuerwehr-Roboter können noch weitere Systeme und Features hinzugefügt werden. 

Sensorische Schutzbekleidung für Einsatzkräfte

Feuerwehrmänner sind im Katastrophenfall häufig hohen Belastungen und zum Teil schwer einzuschätzenden schädlichen Einflüssen ausgesetzt. Hier kann eine spezielle Kleidung Schutz bieten. Mit SensProCloth wurde eine systemintegrierte sensorische Schutzbekleidung für Einsatzkräfte bei der Feuerwehr und beim Katastrophenschutz entwickelt. In die Kleidung integriert ist ein System, mit dem man die Vitaldaten gleichzeitig mit einer gebäudeinternen Ortung der Einsatzkräfte verbinden kann. Zudem soll diese Bekleidung bei der Navigation und der Verständigung am Einsatzort helfen. Quasi eine „Mensch-Maschine-Schnittstelle“.

Ingenieure der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden erarbeiten gemeinsam mit Partnern ebenfalls eine digital aufgewertete Feuerwehr-Schutzkleidung. So sollen holografische Projektoren, Sensoren und Vibrations-Aktoren in Helme und Kleidung der Einsatzkräfte integriert werden, um die Einsatzkräften möglichst intuitiv vor Gefahren zu warnen. Die Sensoren im Helm dienen dazu, äußere Signale wie beispielsweise die Umgebungstemperatur oder den Luftvorrat aufzunehmen. Diese können dann durch Vibration direkt auf die Haut des Trägers übermittelt werden.

Zudem steht an ein Telemetrie-System zu erarbeiten, mit dem eine genaue Einsatzüberwachung in Echtzeit und damit die exakte Auswertung ermöglicht wird. 

Fazit

Die Digitalisierung hinkt in Deutschland grundsätzlich an vielen Stellen hinterher. Auch im Bereich des Katastrophenschutzes muss sich noch sehr viel tun. Innerhalb der Feuerwehr hat sich bereits einiges verändert, vieles ist auf einem guten Weg. Nun müssen geplante und bereits angefangene Projekte zügig weiterentwickelt und ausgebaut werden, um die Feuerwehr der Zukunft optimal aufzustellen.

 

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