Als Ingvar Kamprad 1958 das erste Ikea Selbstbedienungs-Möbelhaus im schwedischen Älmhuls eröffnete, da liefen die Wettbewerber Sturm. Sie drohten Lieferanten mit Boykott (weswegen Ikea vorübergehend in Polen produzieren musste) und luden Kamprad kurzerhand von der Stockholmer Möbelmesse aus. Aber die Kunden liebten Ikea von Anfang an und machten Kamprads Idee zu einer unternehmerischen Megastory. Das Selfservice-Prinzip wurde seitdem nicht nur millionenfach kopiert, sondern auch zu einer Art Geschäftsprinzip der volldigitalen InsurTechs. Sie sind beim Digitalisieren komplexester Versicherungsmodelle inzwischen derart erfolgreich, dass sie zu echten Wettbewerbern für den klassischen Versicherungsmarkt geworden sind. Angetrieben vom Anspruch, in der Kundenwahrnehmung „so wenig Versicherer wie möglich“ zu sein.
Im Herbst haben Versicherungen Hochsaison. Insbesondere bei Kfz ist viel los, weil Autofahrer dann ihre Haftpflicht und Kasko wechseln können. Im zweiten Coronajahr 2021 allerdings wurde branchenweit so wenig gewechselt wie schon lange nicht mehr. Mit Ausnahme der Digitalversicherer: Das ERGO eigene InsurTech nexible konnte bei Kfz-Neukunden weit überdurchschnittlich zulegen.
Damit liegt nexible im Trend. Laut der Branchenstudie „InsurTech-Radar“ bauten 70 Prozent der auf Endkunden spezialisierten InsurTechs ihr Neugeschäft während der Coronapandemie stark aus. Der Preis ist entscheidend, viele Digitalversicherer punkten mit günstigeren Policen. Wer den Preis aber als das alleinige Argument sieht, der irrt. Menschen entscheiden sich für InsurTechs, weil sie funktionieren wie ein Onlineshop. Schnelles, bequemes, orts- und zeitunabhängiges Einkaufen – oder Absichern – darum geht es.
nexible bietet für alle Services volldigitale Prozesse an: Angefangen beim Abschließen des Versicherungsantrages, über die Vertragsdatenänderung, bis hin zur Schadenabwicklung. Binnen 90 Sekunden ist ein individuelles Angebot erstellt. Die allermeisten Services stehen 24/7 zur Verfügung. Für so viel Flexibilität aber müssen Kunden auch selbst mitmachen.
Das Prinzip Selfservice kennen wir schon länger. Der Online-Check-in bei der Airline vor dem Abflug ist so normal wie das Zähneputzen am Morgen. Ein Ritual, das längst in Fleisch und Blut übergegangen ist – seit es 1999 zum ersten Mal von einer Airline angeboten wurde. Kunden lieben diesen Service, weil er (insbesondere nur mit Handgepäck) Zeit spart.
Erfinder des Prinzips aber ist Ikea. Beim schwedischen Möbelhaus sind wir Kunden gleichzeitig die Lageristen und Schrauber. Den Pax-Schrank holen wir uns selbst aus dem Hochregallager – und finden das auch noch cool. Den Aufbau zu Hause übernehmen wir selbstverständlich auch, ein Ur-Prinzip von Ikea (selbst wenn wir das nicht immer cool finden). Die Möbel empfinden wir deshalb auch als hochwertiger – ist ja von uns gemacht.
Bei nexible können Kfz-Kunden im Kundenportal rund um die Uhr Anschrift, E-Mail-Adresse, Passwort und Bankdaten ändern. Außerdem ist der Download der internationalen Versicherungskarte zum Ausdruck sofort möglich, wenn man mit dem Auto verreisen möchte. Auch einen Fahrerwechsel beziehungsweise einen zweiten Fahrer können Kunden per Selfservice melden.
Was mich besonders freut, ist das Feedback der Digitalprozess-Anwender. Kundenfeedback ist immer grundehrlich und fiel in den Startzeiten des Versicherers auch schonmal schlecht aus. Beim neuen Schadenprozess bekommen wir aber fast durchgängig positive Bewertungen. Kunden finden das Selbst-mit-Anpacken gut, weil es Teil des schnellen, flexiblen, zeit- und ortsunabhängigen Versprechens ist.
Eine Service-Hotline existiert bei nexible dagegen nicht. Dafür wird der Chatbot immer besser. Am besten aber ist, wenn der Onlineprozess sich selbst erklärt – und Transparenz herstellt. Wer digital abschließt, kann zuvor in Ruhe sondieren, um zur individuell passendsten und kostengünstigsten Option zu kommen. Mit den Standard-Boxen „Was ist nicht abgedeckt“ und „Gibt es Deckungsbeschränkungen“ haben Kunden bei nexible Transparenz über den Versicherungsumfang.
Bei aller Gemeinsamkeit zwischen Pax-Schrank und Kfz-Onlinestrecke – einen zentralen Unterschied gibt es: Die Komplexität im Versicherungswesen ist um ein Vielfaches höher. Nicht nur gesetzliche Vorgaben und Regulatorik zwingen zu bestimmten Standards. Auch die Versicherungsmathematik beziehungsweise die individuelle Risikoberechnung machen Pflichtangaben beim online Versichern notwendig.
Aber InsurTechs wie nexible zeigen eindrucksvoll, dass das immer besser gelingt. Die ERGO Tochter hat nicht nur vertikal ihre Prozesse von A bis Z digitalisiert, sondern auch horizontal. nexible hat den Sprung zum Mehrprodukt-Versicherer geschafft: Nach Kfz wurden inzwischen drei weitere Produkte ins digitale Portfolio aufgenommen. 2020 und 2021 kamen neben einer hochinnovativen Reiseversicherung auch ein e-Bike-Schutz und eine Zahnabsicherung hinzu.
Mit Technologien und einem immer besseren Know-how rund um Onlineprozesse sind heutzutage Lösungen realisierbar, die noch vor wenigen Jahren kaum möglich erschienen. Jan Messen, verantwortlich für das Versicherungsgeschäft bei Google Deutschland, schließt sogar einen Tesla-Moment in der Versicherungsbranche nicht mehr aus.
Lebens- oder Krankenvollversicherungen – die komplexesten Versicherungsprodukte überhaupt – können in Onlineshops nicht erworben werden. Zu kompliziert, zu beratungsintensiv. Diese Produkte sind – vollkommen zu Recht – fester Bestandteil des klassischen Versicherungsprinzips mit einer ausführlichen Beratung. Sie gelten als nicht digitalisierbar. „Tesla-Moment“ meint, dass aber genau das möglich sein wird – irgendwann.
Aber auch heute schon: Es lohnt sich, in vollständig digitale Versicherungslösungen zu investieren. Selfservices, die reibungslos funktionieren und positive Kundenerlebnisse schaffen, sind Effizienz-Booster. Durch seinen hohen Automatisierungsgrad hält nexible seine Kosten niedrig, wovon die Kunden direkt profitieren können. So bietet die ERGO Tochter das Kfz-Produkt bis zu 50 Prozent preiswerter an als mancher Wettbewerber.
Entscheidend ist aber nicht die Technologie. Sondern der Kunde. Technologisch wäre heute schon viel mehr möglich, als wir tatsächlich umsetzen. Wir könnten viele Einzelprozesse auf einen Automatisierungsgrad von 100 Prozent hochfahren. Alles liefe über Algorithmen ab, der Kunde würde allein von einem Automaten bedient – schnell und professionell.
Aber das Feedback sagt uns klar und deutlich, dass viele Kunden dies nicht wollen. Sie haben oft das zutiefst menschliche Bedürfnis, mit echten Menschen zu interagieren. Vor allem, wenn es beispielsweise um Unfälle mit Personenschäden geht, dann müssen echte Menschen im Austausch sein. Und so ist eine der Kernaufgaben von nexible Chief Technology Officer Valentina Brebenaru, Kundenwünsche zu kennen und zu erkennen – bevor sie Technologien an Bord holt.
nexible ist kürzlich eine Partnerschaft mit der britischen Onlineplattform für Gebrauchtwagen Cazoo eingegangen. Zusammen mit ERGO Mobilty Solutions konnte nexible binnen kürzester Zeit einen eigenen Antragsprozess bauen. Auch für den österreichischen Markt hat das Team seine Kfz-Onlineantragstrecke skaliert. Das ist ein riesiger Vorteil von InsurTechs: Sind die Onlineprozesse einmal etabliert, können die Modelle leicht skaliert werden.
Ein weiterer Vorteil der Onlineversicherer ist das Einbeziehen vielfältiger Datenpunkte. Via Onlinestrecken werden mehr Parameter gemessen und beispielsweise in Kundenprozesse einbezogen. Das klingt nach gläserner Kunde. InsurTechs können die Datenpunkte jedoch zum Kundenwohl nutzen, um zum Beispiel Risiken besser kalkulieren zu können.
Ich bin stolz auf das, was nexible erreicht hat. Sehr gut erinnere ich mich noch an den Start: Im Herbst 2017 ging nexible live, pünktlich zur Kfz-Wechselsaison. Ein Digitalversicherer unter dem Dach der ERGO, dessen Aufgabe es war, das eigene, klassische Geschäftsmodell herauszufordern.
Gestartet als junger Wilder, als Ford Mustang mit durchdrehenden Reifen, ist nexible inzwischen erwachsen geworden. 2017 waren die avisierten Kunden vor allem Digital Natives, die so genannten First Mover. Heute sind InsurTech-Nutzer all diejenigen, die die Vorteile von Onlineshops schätzen – fast alle also.
Die Düsseldorfer ERGO Tochter ist ein Unternehmen mit 44 Mitarbeitern geworden und einem Geschäftsmodell, das es Kunden erlaubt, ihren individuellen Versicherungsschutz komplett online abzuschließen, zu verwalten oder zu kündigen.
In einem äußerst herausfordernden Wettbewerbsumfeld – mit Wefox, Clark und Neodigital sind in Deutschland gleich mehrere Einhörner oder Fast-Einhörner zu Hause – will nexible weiter mit Vorreiter bei der Automatisierung der Versicherungsbranche sein. Wenn es so weiter geht wie 2021, dann haben wir sehr gute Chancen!
Text: Mark Klein, CDO ERGO Group
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