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Innovationskraft steigern: Elf Erfolgsfaktoren für Wissenstransfer

Julia Koop von ERGOs Digital Factory hat mit der Academy ein Format zur nachhaltigen, bereichsübergreifenden Vernetzung und Wissensweitergabe aufgebaut. Mit der Academy werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingebunden, bei denen wertvolles Wissen für die Innovationsfähigkeit des Unternehmens liegt. Im Magazin „WerkWandel“ gibt sie Tipps für ein erfolgreiches Wissensmanagement. 

Dieser Artikel erschien zunächst im Magazin WerkWandel 03/2023.

Innovationsfähigkeit von Konzernen durch bereichsübergreifenden Wissenstransfer steigern

Die Digital Factory als Motor der digitalen und agilen Transformation beim Versicherungsunternehmen ERGO Group AG

Allgemeiner Konsens ist, dass Netzwerke in Unternehmen immer wichtiger werden. Für die Innovationsfähigkeit wertvolles Wissen liegt jedoch häufg auch bei Mitarbeitern mit gering ausgeprägter Netzwerkneigung. Diese Beschäftigten können über Inhalte erreicht werden. Julia Koop aus der Digital Factory der ERGO Group AG hat genau dies genutzt und mit der Digital Factory Academy ein Format zur nachhaltigen, bereichsübergreifenden Vernetzung und Wissensweitergabe aufgebaut. Dies ist ein Praxisbeispiel mit Beschreibung der Erfolgsfaktoren.

Background Digital Factory

Das Versicherungsunternehmen ERGO Group AG gründete 2018 die Digital Factory als Motor der digitalen und agilen Transformation. Die Digital Factory dient als Inkubator und Enabler für Arbeitsweisen und begleitet mit cross-funktionalen Teams die Konzeption und Umsetzung digitaler Services und Produkte. Das Besondere im Vorgehen der Digital Factory ist der Aufbau: Zum einen wurden übergreifende Fähigkeiten zentral in der Digital Factory zusammengestellt — zum Beispiel IT- und Business-Architekten, UX-Designer (UX steht für User Experience), Design-Thinking-Moderatoren, Release-Train-Engineers etc. Zum anderen bleibt die inhaltliche Verantwortung der umzusetzenden digitalen Ergebnisse in dem Fachbereich, der die zu lösenden Probleme in die Factory mitbringt. Dieses Modell führt zu einem starken Ausbau der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. 

Was hat Wissenstransfer mit Innovationsfähigkeit zu tun? 

Beim Stichwort „Innovation“ denken viele an die großen Würfe. Selten sind Innovationen aber vollständige Neuheiten (= „Radikale Innovation“), die die Zeit in ein „Davor“ und ein „Danach“ unterteilen. Ein Großteil der Innovationen entsteht durch die neue Kombination bekannter Elemente, also bestehender Produkte oder Services.

Die Frage ist nun, wie Unternehmen systematisch einen Nährboden für solche Innovationen schaffen können. Denn das Wissen ist in den meisten Firmen bereits vorhanden, aber die Experten sind in der Regel nicht (gut) vernetzt. Dabei ist jeder Mitarbeiter ein Experte, und zwar nicht nur in seinem Fachthema, sondern auch darin, wie dieses im Unternehmenskontext funktioniert. Wenn eine Organisation es schafft, das Wissen ihrer Mitarbeiter sinnvoll zu vernetzen, können die so wertvollen Kombinationen bekannter Elemente entstehen.

Doch wo soll man starten? Es gibt in Organisationen bereits einzelne Mitarbeiter, die sowohl intern als auch extern sehr gut vernetzt sind. Sie brauchen keinen Anschub mehr und tragen durch ihren regen Austausch immer wieder neue Ideen und Blickwinkel in das Unternehmen hinein. Auch die meisten Wissensarbeiter würden bejahen, dass Netzwerken im berufichen Kontext wichtig ist. Doch für den Großteil von ihnen rutscht es auf der Prioritätenliste immer wieder nach unten. Für sie müssen Organisationen nachhaltig Anreize schaffen, sich aktiv zu vernetzen und damit Wissen auszutauschen, das in die Entwicklung von Innovationen fießen kann. Um das zu erreichen, wurde die Digital Factory Academy ins Leben gerufen.


Das Format begann zunächst klein mit einem Dialog zu zweit. Aus der Idee, Wissen nicht nur mit einem Kollegen im Gespräch zu teilen, sondern mit mehreren Interessierten, skalierte relativ schnell ein konzernweites Format, in das heute praktisch jeder aus dem Versicherungskonzern eingeladen ist; wenngleich sich der inhaltliche Fokus des Formats vor allem auf Product Owner, Entwickler, Architekten, Fachexperten und all jene richtet, die digitale Lösungen im Konzern treiben (wollen).

Aus dem anfänglichen Ansatz ist innerhalb weniger Jahre eine rege und stabile Community entstanden, in der wöchentlich ein Thema von einem Experten in 20 Minuten vorgestellt wird — mit anschließender Diskussionsrunde von weiteren 20 Minuten. Mit der Digital Factory Academy ist ein fester Ort innerhalb des Konzerns entstanden, an dem sich Kollegen treffen, Wissen und inhaltliche Kontaktpunkte sammeln. Dabei wurden über die Zeit elf Faktoren erkannt, die helfen können, solche Wissenstransfers nachhaltig zu gestalten. Viele sind an die agile Arbeitswelt angelehnt.

Elf Erfolgsfaktoren der Digital-Factory-Academy-Community

  1. Eine klare Zielgruppe: Die erste Frage sollte immer lauten: Welche organisatorisch horizontale Verbindung soll aus strategischen Gründen gefördert werden? Die Digital Factory Academy richtet sich beispielsweise an all diejenigen, die sich mit der (Weiter-) Entwicklung digitaler Services und Produkte auseinandersetzen. Für den Anfang wurde deshalb als erstes die Product Owner Community of Practice  in den Adressatenkreis mitaufgenommen.
  2. Kurator: Communities über rund 75 Personen funktionieren selten gut ohne Kurator, der das „Big Picture“ aufspannt, die Themenauswahl kuratiert und als Gesicht der Community fungiert. Je persönlicher eine Community dabei geführt wird, desto mehr Bindung entsteht. Der Kurator von Netzwerken muss verstehen, was die Zielgruppe inhaltlich insbesondere im Alltag beschäftigt.
  3. Expertensuche: Jeder Experte gibt sein Experten-Wissen sehr gerne an andere weiter, wenn dies mit wenig Aufwand und breiter Streuung möglich ist, und erklärt sich im Anschluss auch gerne bereit, von Interessierten für weitergehende Fragen kontaktiert zu werden.
  4. Clubcharakter: Das Format ist offen für alle. Wer teilnehmen möchte, trägt sich in eine Verteilerliste ein und erhält darüber die Einladungen. Kollegen ohne sonstigen Bezug werden dadurch Teil des virtuellen Systems Digital Factory als Treiber der digitalen und agilen Transformation im Konzern.
  5. Selbstorganisation: Die Community-Mitglieder schlagen halbjährlich per Umfrage Themen vor und stimmen über diese ab. Dies ist die Basis für den Kurator und Teil der aktiven Einbindung der Mitglieder.
  6. Virtuelles Format: Um die horizontalen Effekte insbesondere auch auf die Innovationsfähigkeit zu heben, kann es dieses Format nur über alle Standorte gleichzeitig geben — und zwar virtuell und unverbindlich.
  7. Flexible Terminfindung: Das wöchentliche Format hat keinen fixen Termin. Eine Terminabsprache erfolgt einzeln mit jedem Experten, der vorträgt.
  8. Service-Gedanke: Die Termine für Sessions finden sich direkt im Outlook der Mitglieder. Die Digital Factory Academy verfolgt einen Push Modus und hält die Wissenstermine dadurch sehr präsent.
  9. Freiwilligkeit: Eine Teilnahme ist nicht verpflichtend. Jedes Mitglied kann zu den Sessions kommen, wie es persönlich passt. Jeder ist verantwortlich für die Investition der eigenen Zeit und der Frage, ob das Wissen einer einzelnen Session für ihn Wert generiert.
  10. Partnerschaften im Konzern: In der Regel finden sich in jedem Konzern Funktionen, die großes Interesse haben, horizontale Zielgruppen zu erreichen. So stellt in der Digital Factory Academy zum Beispiel das Innovation-Scouting-Team mindestens alle drei Monate ein Start-up mit einer interessanten Lösung für den Konzern vor.
  11. Schritt für Schritt. Bleibende Communities entstehen langsam. Sie bleiben nur, wenn sie sich kontinuierlich dem Bedarf ihrer Mitglieder anpassen. Organisches Wachstum „über den Flur“ ist optimal.
     

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