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Digitalisierung im Sport: Wie verändert Technologie den Fußball? 

Am 20. Juli ist in Australien Anpfiff für die Fußball-WM der Frauen. Anlass für uns als Digitalisierungsmagazin zu untersuchen, wie Technologien auch diesen Sport verändern. Unser Fazit vorab: Digitalisierung revolutioniert sowohl die Art und Weise, wie Fußball gespielt wird, als auch die Interaktion zwischen Vereinen, Fans und Spielerinnen sowie Spielern. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf unterschiedliche Aspekte der digitalen Transformation bei der Deutschen liebstem Ballsport – von der reinen Organisation, über die Kommunikation mit den Fans und die Optimierung der Spielenden bis hin zum eigentlichen Moment auf dem Platz.

Es war einmal … der gute alte analoge Fußball. Seit dem deutschen Sommermärchen im Jahr 2006 hat die digitale Transformation diesen Sport in jeder Hinsicht getroffen. Durch Technologien wie GPS-Tracker, Augmented und Virtual Reality sowie gezielte Datenanalysen wurde die Leistung auf dem Platz verbessert. Spielerinnen und Spieler können immer umfassender analysiert und taktisch geschult werden. Doch nicht nur das Spiel selbst hat sich gewandelt, auch die Kommunikation hat seither einen bedeutenden Change erfahren. Soziale Medien, mobile Apps und virtuelle Anwendungen binden die Fans intensiver ein – selbst dann, wenn sie sich ohnehin im Stadion befinden. So wird das Erlebnis vor Ort durch das Smartphone und digitale Dienstleistungen erweitert. Der Fußball hat erfolgreich Einzug gehalten in die digitale Ära und weitere spannende Entwicklungen warten auf das Einlaufen. Allen voran die erweiterte Integration von KI-Technologien. 

Fanerlebnisse sind vielfältig

Es gibt unterschiedliche Arten, sich ein Fußballspiel anzuschauen. Da sind die sogenannten Legacy Fans, die auf das klassisch-puristische Erlebnis im Stadion schwören. Vorwiegend jungen Fußballzuschauerinnen und -zuschauern genügt das Stadionerlebnis allein hingegen oft nicht mehr. Statt die weniger dynamischen 90-Minuten-Momente auf dem Platz abzusitzen, greifen sie zum Smartphone, um sich ihre Portion Extra-Momente entlang des Spiels zu holen. Highlight-Zusammenschnitte schauen, Infos zum favorisierten Spieler auf Social Media holen oder mal die neusten Daten über Trefferquoten ansehen – Hauptsache, man ist unterhalten. Dass es diesen Trend gibt, bestätigt im Ergebnis auch eine Online-Erhebung vom Herbst 2022: Bei der Bewertung auf einer Wichtigkeitsskala von 1 (sehr wichtig) bis 5 (unwichtig) wurde die Bedeutung digitaler Fan-Erlebnisse unter den Befragten der Deutschen Fußball Liga im Mittel mit 3,47 angeben. Das Ergebnis der Studie offenbarte dabei auch, dass die überwiegende Mehrheit der Zuschauerinnen und Zuschauer vor Ort in den Spielstätten jedoch nicht mit digitalen Lösungen überfrachtet werden wollen. Auf keinen Fall sollten diese vom eigentlichen Kern des Events ablenken. 


Welche digitalen Mehrwerte sind also gewünscht?

Die Antworten der Fans hierzu in besagter Erhebung waren wenig spektakulär. Genannt wurden Dinge wie Ticketing, Einlasskontrolle, Sicherheit und Payment. Darüber hinaus fanden in der angeführten Befragung unter anderem auch folgende Dinge Erwähnung: Besucherinformationen, Catering und Verkehrsführung bei der An- und Abreise. Abgesehen von diesen praktisch-organisatorischen Features gibt es bei den Sportfans aber auch erste Ideen, die speziell um das Spielgeschehen ranken. Interesse besteht demnach darin, einzelne Spiele der Liga-Konferenz individuell zusammenstellen oder auch die Kommunikation der Schiedsrichter mitverfolgen zu können. Im Gesamtergebnis noch etwas verhaltener fiel die Vision aus, mittels digitaler Stadion-Zwillinge einen virtuellen Raum zu schaffen, um zu den Spielen einen ortssouveränen Zugang zu bekommen. Je stärker das Metaverse den Weg in unseren Alltag findet, desto wahrscheinlicher dürfte diese Vorstellung allerdings irgendwann in die Realität rücken.

Dass zusätzliche digitale Anwendungen zu Hause und im Stadion das Erlebnis von Fans im Sport steigern, legte die 2019 durchgeführte Studie „Emerging Technology in Sports: Reimagining the Fan Experience“ vom Capgemini Research Institutes bereits nahe. Digitale Technik wurde darin von 69 % der Befragten (Deutschland: 66 %) als integraler Bestandteil eines Sporterlebnisses bewertet. 

Das smarte Station bündelt viele Anforderungen 

Tatsächlich arbeiten die großen Vereine bereits daran, sich auf den neusten digitalen Stand zu bringen. So gründete etwa Eintracht Frankfurt im Jahr 2019 sein Tochterunternehmen Eintracht-Tech zur Entwicklung und Bündelung neuer digitaler Projekte. Zu den sechs Kernarbeitsfeldern gehören neben dem Aufbau eines digitalen Ökosystems und der App auch die Bereiche „eSports“, „Digitale Veranstaltungen“, „Talents of Tomorrow“ und „Arena IoT“. Allein dieser letzte Bereich beinhaltet eine Vielzahl an Möglichkeiten, den Platz und Spielbetrieb mithilfe von digitaler Technik zukunftsweisend zu gestalten. Etwa durch ein smartes Bewässerungssystem der Rasenfläche, das zum einen Energie und Wasser spart und zum anderen den Kickern einen Belag bietet, auf dem sie sich weniger leicht verletzen. Auch die Fans sollen von den Entwicklungen profitieren. Beispielsweise durch ein smartes Park- und Warteschlangenmanagement, eine verbesserte Stadionnavigation, ein leistungsfähiges Notfallmanagement und vieles mehr. Der Einsatz biometrischer Gesichtserkennung, wie er hier und da weltweit bereits Anwendung findet, dürfte in deutschen Stadien aufgrund der Gesetzeslage aber auf sich warten lassen. In der Tat kann dieser Technik kritisch begegnet werden.  

Spiel und Player werden zunehmend vermessen 

Videoanalyse im Fußball ist nichts Neues. Sie zeichnet das Spiel so auf, dass entscheidende Szene im Anschluss wertvolle Rückschlüsse auf den Spielverlauf geben können. Während die Auswertungen zuvor immer noch einiges an Zeit in Anspruch nahmen, kann inzwischen mithilfe künstlicher Intelligenz auf Knopfdruck das Wesentliche in Sekundenschnelle herausgearbeitet werden. Nicht nur für das Spiel an sich, auch bei den Spielern selbst rückt innovative Technik damit in den Fokus. Mittels sogenannter GPS-Oberkörpergurte werden wichtige Daten erhoben, in Kontext gebracht und die Zusammenhänge im Spielverlauf für den Einzelnen damit transparenter. Die ausgewerteten Daten der persönlichen Bewegungsprofile helfen zudem dabei, individuelle Handlungsanweisungen abzuleiten und im Zuge dessen das taktische Training gezielter abzustimmen. So kommt beim TSG Hoffenheim seit 2020 beispielsweise das Trainingsvideospiel Helix zum Einsatz. Damit werden die kognitive Fähigkeiten der Spieler in einer Art Metaverse-Arena ausgebildet. Ein erster Hinweis, wie das Fußballtraining der Zukunft ausschauen könnte.

Natürlich werden von den Spielerinnen und Spielerin auch medizinische Daten wie etwa die Herzfrequenz, das Reaktionsvermögen oder die Atemfrequenz festgehalten und mithilfe von KI bewertet. Das erlaubt Schlussfolgerungen auf den gesundheitlichen Zustand, aber auch zu Leistungsfaktoren, die für das Spiel insgesamt ausschlaggebend sein können. Selbst emotionale Rückschlüsse durch AI-Technologie sind inzwischen möglich. Hier darf man sich allerdings fragen, ob die Bewertung solcher Leistungsparameter noch okay ist oder ob das einen Schritt zu weit geht.

Schließlich hilft KI-Technologie auch dabei, den Gegner und sein Spiel kleinteilig zu analysieren oder immer öfter auch, den passenden Nachwuchs zu finden


Fankommunikation im Digitalen über alle Grenzen hinweg 

Dass die Kommunikation zwischen Vereinen und ihren Fans heute schon enorm digital ist, verwundert wenig. Auch hier hat die Pandemie einen zusätzlichen Boost bewirkt: Während des ausgesetzten Spielbetriebs und der anschließenden Phase der Geisterspiele ohne Publikum wurden neue Formate entwickelt, um die Kommunikation mir den Fans dennoch aufrechtzuhalten. Für die großen Bundesligisten gehören vereinseigene Apps für die Kommunikation inzwischen genauso dazu wie gut geführte und moderierte Social Media-Channels. Netter Nebeneffekt: Durch die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten wächst die Fanbase nicht nur im eigenen Land, sondern auch international.  

Trifft KI schon bald bis in die Kommentatoren-Kabine? 

In Zusammenarbeit mit der ARD Sportschau hat das WDR Innovation Lab mit einer KI-getriebenen Berichterstattung im Spielbetrieb experimentiert. Ziel war es, die KI automatisiert Spielberichte zu Bundesligaspielen schreiben zu lassen, indem bereits während des Spiels die hierzu benötigten Daten aus diversen Quellen zusammengefügt würden. Der erste Ansatz basierte auf der Nutzung von ChatGPT3. Das Ergebnis fiel bescheiden aus. Daraufhin erstellte man einen eigenen KI-Prototypen, mit dem man es nun weiterprobiert. Vielleicht ist Fußball aber auch zu komplex und emotional, um eine Berichterstattung mit den derzeit auf dem Markt befindlichen generativen Sprachmodellen zu realisieren. 


Digitalisierung kickt den Fußball in die Zukunft 

Wie dem auch sei. Die Digitalisierungswelle im Fußball wird weiterrollen und vor nichts, was mit ihm im Zusammenhang steht, haltmachen. Auch nicht vor dem runden Leder selbst, wie der mit vernetzter Technologie gespickte offizielle Spielball der WM 2022 uns vor Augen geführt hat.

Neben dieser Ebene von Digitalisierung im Fußball gibt es eine weitere, von der bis hierher noch gar keine Rede war: die des eFußballs. Der DFB hat das Potential erkannt und im März 2020 mit dfb-efootball.de eine Plattform ins Leben gerufen, auf der sich die Fans anmelden können, um gemeinsam mit anderen die digitale Dimension von Fußball zu (er)leben. Dabei hilft auch das ERGO Teamfinder-Tool. Die Pandemiezeit war sicherlich ein Treiber. Wer aber denkt, dass hier lediglich eine Nische bedient wird, die wieder verschwindet, könnte in nicht allzu ferner Zukunft eines Besseren belehrt werden. eSports im Allgemeinen werden immer populärer. Das Potenzial ist riesig.

Ganz gleich ob digital oder analog, eines bleibt dabei typisch für den Fußball: Er verbindet – auch in Zukunft, nur eben anders als früher. Mal sehen, welche Neuerungen in Sachen digitale Technik wir bei der im nächsten Jahr in deutschen Stadien ausgetragenen Fußball Europameisterschaft bestaunen können.

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