Phonebots: Potenzial noch nicht ausgeschöpft


Sprachassistenten in der Telefonie

Digitalisierung & Technologie, 06.09.2021

Gemäß einer Studie von Gartner haben bereits 68 Prozent der Versicherungsunternehmen Chatbots im Einsatz. Wenn wir genauer hinschauen, dann sehen wir, dass viele Unternehmen (noch) nicht über die Phase eines reinen Pilotprojekts hinausgekommen sind, schreiben Nicolas Konnerth und Sven Vanoeteren aus dem Voice-Team von ERGO. Der erfolgreiche Einsatz eines Sprachassistenten setze ein großes Commitment und eine hohe Investitionsbereitschaft voraus.

Telefonie im Kundenservice

Viele Menschen verbinden mit dem Trend „Sprachassistenten“ eine vollständig neue Generation digitaler Assistenten, wie beispielsweise Amazon Alexa oder Google Assistant. Was die Verbreitung und Nutzung dieser digitalen Assistenten angeht, sind wir in Deutschland aber noch in der Phase der „early majority“ (frühe Mehrheit). Laut einer Studie von „Voicebot.AI“ hatte im Januar 2021 jeder vierte Erwachsene in Deutschland mindestens einen Smart Speaker. Daneben fehlt (noch) die Akzeptanz, Versicherungsanliegen über einen Sprachassistenten zu lösen. In einer selbst durchgeführten Studie gaben nur acht Prozent der befragten Sprachassistentennutzer an, einen Schaden „sehr wahrscheinlich“ über einen Sprachassistenten zu melden. Auch verschiedene abgefragte Vertragsservices bleiben im einstelligen Prozentbereich. Einen Vertragsabschluss konnten sich lediglich zwei Prozent „sehr wahrscheinlich“ vorstellen.

Digitale Sprachassistenten in der Telefonie

Anders verhält es sich mit konventionellen Kommunikationskanälen, wie Webchat oder die Kundenservicetelefonie, wo Millionen von Kunden jedes Jahr Kontakt zu Unternehmen suchen. Auch hier können digitale Sprachassistenten eingesetzt werden, die auf derselben technologischen Grundlage basieren wie Alexa und Google Assistant. Die Kombination der klassischen Kommunikationskanäle mit moderner Sprachtechnologie steigert Kundenzufriedenheit durch reduzierte Wartezeiten und Materialisierung von Einsparpotenzialen bei den Versicherern.

Die wachsende Bedeutung solcher Lösungen spiegelt sich auch im Marktumsatz mit künstlicher Intelligenz (KI) für Callcenter wider. So belief er sich 2018 auf 914,5 Millionen US-Dollar und wird bis 2024 voraussichtlich 2,9 Milliarden US-Dollar übersteigen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 22,6 Prozent im Zeitraum 2019 bis 2024 entspricht.

Das Potenzial liegt auf der Hand und viele Versicherungsunternehmen haben bereits erste Versuche für den Einsatz von Sprachassistenten unternommen. Laut Gartner haben bereits 68 Prozent der Versicherungsunternehmen Chatbots im Einsatz. Wenn wir genauer hinschauen, dann sehen wir, dass viele Unternehmen (noch) nicht über die Phase eines reinen Pilotprojekts hinausgekommen sind. Die Gründe dafür sind vielfältig: Ein digitaler Assistent muss immer weiter trainiert werden, damit Kunden nicht genervt nach einem Mitarbeiter fragen. Dafür benötigen Versicherer neuartige Fähigkeiten bei ihren Mitarbeitern. Gleichzeitig ist es ein erhebliches Investment, eine Sprachassistenten-Plattform für einen Use Case aufzubauen. Und dann stellt sich die Frage nach der regulatorischen Sicherheit: Stichwort Datenschutz in der Cloud.

Höhere Kundenzufriedenheit durch Reduktion von Wartezeiten

Zusammengefasst: Der erfolgreiche Einsatz eines Sprachassistenten setzt ein großes Commitment und eine hohe Investitionsbereitschaft voraus. ERGO hat diesen Trend aktiv von Anfang an mitgestaltet und galt sogar als eines der ersten Versicherungsunternehmen, das einen Versicherungsabschluss über Amazon Alexa möglich machte. Wir haben bereits die ersten zehn Sprachassistenten für die Kundenservicetelefonie entwickelt, die täglich mehrere tausend Anrufe bearbeiten. Auf der Wegstrecke haben wir viel gelernt. Wir haben eine funktionierende Plattform für die Entwicklung, Pflege und Bereitstellung neuer Sprachassistenzservices aufgesetzt.

Im Regelbetrieb zeigt sich, dass Phonebots von unseren Kunden grundsätzlich akzeptiert werden – sogar, wenn sie zwischen einem Menschen und einem Bot selbst entscheiden dürfen. So lassen sich Phonebots beispielsweise als schnellere, digitale Alternative zur Wartezeit auf einen freien Mitarbeiter anbieten: Die Kundinnen und Kunden, die lieber mit einem Menschen sprechen möchten, haben auch weiterhin die Möglichkeit dazu und alle Übrigen können einen digitalen Service ohne zusätzliche Wartezeit sofort nutzen. Dadurch ergeben sich für alle Beteiligte Vorteile: Höherer Kundennutzen durch die Entscheidungsmöglichkeit und potenzielle Reduktion von Wartezeiten, mehr Mitarbeiterzufriedenheit durch Abschaffung monotoner Aufgaben und mehr qualitative Beratung von Kunden sowie eine Erhöhung der Erreichbarkeit und Kosteneinsparungen in der Telefonie.

Text: Nicolas Konnerth, Head of Voice, und Sven Vanoeteren, Voice User Interface Lead Designer (ERGO Group)

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