Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) schlägt Alarm: „Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der Digitalisierung weit hinter anderen europäischen Ländern zurück.“ Das habe gerade die Pandemie „schonungslos“ gezeigt. Die Forscher empfehlen die folgenden Maßnahmen, um diese Entwicklung zu korrigieren.
Es ist eine Kraftanstrengung, die sich lohnen würde. Denn eine beschleunigte Digitalisierung des Gesundheitswesens birgt laut EFI deutliche Innovations- und Wertschöpfungspotenziale: „Unsere Analyse zeigt, dass digitale Technologien die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern können. Zudem eröffnet die zunehmende Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten in Verbindung mit modernen digitalen Analyseverfahren neue und weitreichende Möglichkeiten für eine stärker personalisierte Diagnostik und Therapie“, unterstreicht Prof. Irene Bertschek, Forschungsbereichsleiterin am ZEW in Mannheim und Mitglied der Expertenkommission.
Das EFI empfiehlt daher, eine „Digitalisierungsstrategie rasch zu entwickeln und umzusetzen und dabei alle relevanten Akteursgruppen des Gesundheitswesens einzubeziehen“. Um die Interoperabilität zwischen IT-Systemen zu gewährleisten, müsse folglich insbesondere der Etablierung interoperabler Standards im Rahmen der Strategie ausreichend Raum gegeben werden, betont Irene Bertschek. Zudem rät das EFI zu Folgendem:
1) Innovationspotenziale von Gesundheitsdaten ausschöpfen
Vor dem Hintergrund der bestehenden Hemmnisse bei der Weitergabe und Nutzung von Gesundheitsdaten „befürwortet die Expertenkommission ausdrücklich das im Koalitionsvertrag angekündigte Gesundheitsdatennutzungsgesetz zur besseren wissenschaftlichen Nutzung von Gesundheitsdaten“, so Irene Bertschek. Dabei ist die DSGVO-konforme Nutzung von Gesundheitsdaten für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler so zu gestalten, dass der administrative Aufwand für diese möglichst gering ist. „Um die mit den Daten aus der elektronischen Patientenakte verbundenen Potenziale – wie zum Beispiel passgenaue Diagnosen – ausschöpfen zu können, sollte die Möglichkeit der Freigabe der Daten, insbesondere für Forschungszwecke, möglichst niederschwellig ausgestaltet werden“, ergänzt Prof. Uwe Cantner von der Universität Jena und Vorsitzender der Expertenkommission.
Telemedizin und digitale Gesundheitsanwendungen können die Gesundheitsversorgung verbessern. Damit die Möglichkeiten der Telemedizin stärker genutzt werden, sind nach Ansicht der Expertenkommission ausreichende finanzielle Anreize für die Leistungserbringer erforderlich. So spricht sich Uwe Cantner dafür aus, „telemedizinische Leistungen in der Einführungsphase mit denselben Honoraren wie vergleichbare konventionell erbrachte Leistungen zu vergüten.“ Um die Akzeptanz von digitalen Gesundheitsanwendungen und Telemedizin zu erhöhen, sollte besser über Funktionsweise, Handhabung und Mehrwert dieser Anwendungen informiert werden.
Zu guter Letzt verweist Irene Bertschek auf das grundsätzliche Problem allgemeiner Digitalisierungshemmnisse, die auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens behindern: „Hierzu zählen eine unzureichend ausgebaute digitale Infrastruktur, sowie mangelnde digitale Kompetenzen der Beschäftigten.“ Die Expertenkommission mahnt deshalb einen raschen Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Modernisierung der Ausbildung in den Gesundheitsberufen an. Dies kann die digitale Transformation im Gesundheitswesen maßgeblich unterstützen.
Text: Ingo Schenk
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