Das Metaverse ist einer der Zukunftstrends, die zurzeit am meisten gehyped werden. Und genau wie die anderen Trendthemen AI, NFTs und Blockchain wird das Second Life 2.0 von vielen Seiten kritisch gesehen. Grund genug für //next Kolumnist Markus Sekulla, sich die Pros und Cons der immersiven Arbeitswelt anzuschauen.
Ist das Kunst oder kann das weg? Genau das wird die Mehrzahl der Internetuser und -userinnen gedacht haben, als sie Mark Zuckerberg und den Eiffelturm in einem furchtbar schlecht designten Post gesehen haben, der Lust auf das Metaverse machen sollte. Das hat er so gar nicht geschafft. Dafür hat er den Weg für unzählige Memes und Spott geebnet.
Mein Favorit: „I didn’t know that the metaverse is painted using MS Paint?“
Soll so das Metaverse aussehen? Und soll ich mir so meine Welt in einigen Jahren vorstellen? Vielleicht bin ich zu alt dafür, aber so bitte nicht. Das fand ich bei Second Life schon nicht spannend genug. Doch schenkt man dem Hype Glauben, so ist es eher eine Frage der Zeit, wann wir im Metaverse wandeln werden. Ich gehe da auch mit, wenn es ums Gaming geht. Die jetzt schon auf dem Markt befindlichen Konzepte sind stark und können in meiner Wahrnehmung nicht nur den Gaming-, sondern auch den Fitnessmarkt ordentlich weiterbringen, davon konnte man sich in den letzten Wochen auf der Gamescom in Köln überzeugen.
Welche Bereiche unseres Lebens könnte das Metaverse noch erobern? Vielleicht sogar unsere Arbeitswelt? Wie gesagt, beim Gaming – wow. Doch Arbeiten und Gaming haben für die meisten von uns so viel miteinander zu tun wie Spaß und Karneval (sorryl liebe Rheinländer:innen 🙂). Werden wir in 10 Jahren alle mit unserer VR-Brille im Home Office sitzen und alle Meetings aus den eigenen vier Wänden machen? Vorläufige Antwort: Nein, aber es wird eine zusätzliche Option. Schauen wir nochmal tiefer in die Glaskugel.
Die Arbeitswelt hat sich in den 2,5 Jahren der Corona-Pandemie so schnell verändert wie in den 10 Jahren davor nicht. Daher traue ich ihr eine weitere Veränderung zu, vor allem ob der Krisen, die uns noch bevorstehen könnten. In den letzten 30 Monaten wurden unzählige Meetings auf digitale Plattformen verschoben und damit sind zigtausend Arbeitswege entfallen. Das ist schon mal positiv fürs Klima.
Ich glaube, man muss das Metaverse etwas weiterdenken als nur in VR-Brillen. So kann man sagen, dass ein Teams oder Zoom Call auch schon eine Art Metaverse ist, da wir auch beim wiederholten Blick hinter den Monitor feststellen werden, dass die Kolleg:innen nur in digitaler Form mit mir im Raum sind. Es ist sicher nicht so immersiv wie die Erfahrung mit einer VR-Brille, aber das Konzept ist ähnlich. Dass diese Art von Metaverse sich durchsetzen wird… 100-prozentig.
Greifen wir das Metaverse aber enger und schauen uns an, wie sich das Tragen von VR-Hardware auf unser Arbeitsleben auswirkt, so sind wir mit der Technik noch nicht so weit, dass man dieses Arbeiten wirklich auf Dauer genießen kann. Doch wie immer, wenn große Unternehmen Interesse haben, entwickelt sich die Technik schnell und man sollte ihr in regelmäßigen Abständen neue Chancen geben, auch wenn meine ersten Versuche gelinde gesagt enttäuschend waren. Wir werden mit der Brille eher müde und auch eine gewisse Gefahr von Schwindel besteht. Das sind keine persönlichen Anektdoten von mir, sondern das Ergebnis einer Studie der Uni Coburg. In dieser sollten Probant:innen eine Woche lang mit VR-Brille arbeiten.
Das Ergebnis: Mit den derzeit verfügbaren VR-Technologien bietet das virtuelle Büro ein „minderwertiges Erlebnis im Vergleich zur realen Welt”.
Auch Mark Klein berichtet in seiner //next Kolumne über die Erschöpfung, die einen nach zweistündigen VR-Meeting überkommt. Darüber hinaus beschreibt er, dass die Meetings softwareseitig immer besser werden und man in einen Metaverse immersiver mit anderen Call-Teilnehmer:innen interagieren kann als in Teams oder im Zoom Call. Vor allem für Meetings, in denen nicht alle aus derselben Stadt kommen oder gar international verteilt sitzen, ist das potenziell eine gute Alternative.
Für mich ist also die zentrale Frage: Wie stellen wir uns den Arbeitsplatz der Zukunft vor? Leider ist diese Frage so vielschichtig wie ein Croissant in der Bretagne. Ein wesentlicher Faktor ist die soziale Interaktion, die wohl die meisten von uns in der Corona-Zeit vermisst haben. Trotzdem spielt bei nahezu allen das remote Office eine deutlich wichtigere Rolle als noch 2019. Die Zukunft liegt aus meiner Sicht also in der Mischung:
Und vielleicht auch von immersiven Metaverse-Meetings mit Leuten auf der ganzen Welt und Walking-Meetings in der Stadt.
Das Metaverse braucht noch Jahre, um wirklich flächendeckend in unserer Arbeitswelt anzukommen. Das liegt nicht nur an der noch ausbaufähigen Hardware, sondern auch daran, dass die Software, so zeigen Studien, noch nicht für den längeren Gebrauch geeignet sind. Doch die Vision von internationalen Meetings, ohne dafür ins Flugzeug zu steigen, klingt für mich gerade in der aktuellen Zeit vielleicht noch nicht future-proofed, aber definitiv future-ready.
Text: Markus Sekulla
Zur englischen Version des Textes geht es hier: How do work and metaverse fit together?
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