ARCHIVIERT New Way Of Working

Digitale Nomaden waren gestern - kommen jetzt die Office Nomaden? 

Seit Jahren kann unser Autor Markus Sekulla als Freelancer von überall auf der Welt arbeiten. Bei seinem letzten Trip ist ihm ein Trend begegnet, den die Pandemie begünstigt hat:  Immer mehr „normale“ Büroarbeiter (White Collar) machen den Digitalen Nomaden die Plätze in den Coworking Spaces im Wintersonnengürtel streitig. 

Ich habe nicht schlecht gestaunt. Eine Laptoptasche und eine unbenutze Kaffeetasse bei mir auf dem Stammarbeitsplatz in einem Co-Working Space auf der Insel Madeira. Und nicht nur „mein“ Platz mit Meerblick war belegt, sondern auf der ganzen Arbeitsinsel, bestehend aus vier Tischen, war ein ähnliches Bild vorzufinden. Wird die Kaffeetasse etwa das neue Handtuch? Nach 20 Minuten kam die Gruppe dann wieder. Gut gelaunt, in klassischem Ferienoutfit und natürlich aus Deutschland. Eine Situation, die Hape Kerkeling kaum besser in einem Sketch beschrieben hätte. Nun gut, natürlich kommt man ins Gespräch und zu meiner Überraschung gab es nicht direkt den üblichen Digital Nomaden Schnack (Wo warst du schon? Was verkaufst du bei Amazon? Ruby oder Java?), sondern ein gutes Gespräch über die New Work Situation in Deutschland.

Was mir vor allem auffiel: Alle vier hatten feste Jobs, waren weder Freelancer noch arbeiteten sie in einem Start-up. Sie konnten von ihrem Unternehmen aus ein paar Wochen im Jahr von einem anderen Standort aus arbeiten. Toll!

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und vier Leute aus Dortmund machen noch keinen Trend. In meiner Zeit auf der Insel waren die vier aber nicht die einzigen „Office Nomads“, die wir kennengelernt haben.


Von Office Nomaden

Ein weiteres Indiz: Liest man in die Bewertungen von einigen Hotels und Airbnbs, so springt einem die Zahl der W-Lan Erwähnungen direkt ins Auge. „Von hier kann man klasse Arbeiten“ und „WiFi nicht stark genug für parallele Video Calls“ sind nur zwei von vielen Kommentaren, die wir natürlich dankbar auch in unsere Planung mit einbezogen haben.

Was ist passiert? Ich glaube der Wunsch nach mehr Sonne während der Herbst- und Wintermonate lebt als hartnäckiges First World Problem schon lange in uns Mitteleuropäern. Wer es sich leisten konnte, hat in dieser Zeit den Jahresurlaub in den Süden verlegt. Doch durch die während der Corona Pandemie immer weiter gestiegene Akzeptanz von Remotearbeitsplätzen müssen einige Glückliche unter uns in dieser Zeit vielleicht nicht mehr den gesamten Urlaub nehmen, sondern im 50-50% System etwas Urlaub mit etwas Workcation in der Sonne verbinden. 

Kann ich auch Office Nomade werden?

Wenn man vor 2019 in einem Office arbeitet hat und in den letzten zwei Jahren vor allem im Homeoffice war, dann könnte das System theoretisch möglich sein. Doch hier gibt es einige Fallstricke und Regularien. Erster Ansprechpartner ist hier immer der Arbeitgeber, denn einen Ansprch darauf gibt es nicht. Einige Unternehmen, vor allem die mit vielen internationalen Bürostandorten, haben dafür eigene Programme entworfen. Work Your World von der Publicis Group ist ein solches Programm, das es allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erlaubt, sechs Wochen im Jahr von überall auf der Welt zu arbeiten.

Die Idee dahinter ist klasse. So kann man andere Offices besuchen und von dort arbeiten, was viele positive Effekte für das Netzwerken innerhalb des Unternehmens hat. So kann aus Herrn Martinez eben Jose werden, der dann nicht mehr förmlich angemailt, sondern mit einem kurzen Telefonanruf zu einem neuen Projekt abgeholt werden kann. Auch Vorurteile gegenüber anderen Kulturen und Lebensräumen können so abgebaut werden, vom Wachstum der eigenen Persönlichkeit ganz zu schweigen.

Doch solche Programme gibt es nicht überall. Mit welchen Fragen man sich vor dem internationalen Aufenthalt als Office Nomade beschäftigen muss, hat die IHK Düsseldorf hier gut zusammengefasst: „Homeoffice und mobiles Arbeiten im Ausland“

Fazit

Muss ich mir demnächst also Sorgen machen, ob nun die schönsten Plätze mit den besten Internetverbindungen schon Monate vorher durch Office Nomaden ausgebucht sind? Dass überall deutsche Kaffeetassen schon ab 7 Uhr auf den schönsten Schreibtischplätzen stehen? Wer weiß... Allerdings kann in den nächsten Monaten der Pandemie so viel passieren, dass man eh meistens zweimal planen muss.  

Text: Markus Sekulla

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